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Auf den Spuren der Hofmusik in Dresden

Finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, ist vor einem Jahr das zweite Projekt der SLUB zur Erschließung ihrer kostbaren Notenbestände aus der Zeit der sächsisch-polnischen Union (1697 bis 1763) angelaufen. Es widmet sich dem Grundstock der Königlichen Privat-Musikaliensammlung und den Notenbeständen der katholischen Hofkirche. Damit setzt es die Arbeit des Vorgängerprojekts „Schrank no: II“ fort, das sich auf die Instrumentalmusik dieser Epoche konzentrierte. Die Zeit der sächsisch-polnischen Union, auch „Augusteisches Zeitalter“ genannt, gilt als der glanzvollste Abschnitt der Dresdner Musikhistorie. Die neue Hofmusik-Webseite, die auch über das Projekt "Dresdner Opernarchiv digital" informiert, ist ab sofort online.

Das Projekt

Der besondere Wert der aus der Zeit der sächsisch-polnischen Union überlieferten Notenbestände liegt sowohl in der Bedeutung der einzelnen Kompositionen als auch in der Geschlossenheit der umfangreichen Sammlungen. Durch die Arbeit des Projekts werden die Bestände und ihre Quellen nun in ihrem historischen Gesamtzusammenhang sichtbar, wobei neben den in der SLUB verwahrten Quellen auch weitere zum Bestand gehörende Noten aus anderen Bibliotheken berücksichtigt werden.

Musikwissenschaftler sichten die überlieferten gut 1.500 Manuskripte, darunter zahlreiche Autographe, und beschreiben diese ausführlich mit Hilfe der Spezialsoftware „Kallisto“. So dokumentiert das Projekt musikalische Inhalte, Angaben zur Besetzung sowie quellenkundliche Kriterien, wie z. B. die Entstehungszeit der Manuskripte, die beteiligten Schreiber und die Überlieferungsform der Quellen in Partitur oder als Stimmenmaterial. Die Quellenbeschreibungen werden in die internationale Datenbank „RISM online“ eingespeist, die Musikhandschriften aus über 900 Bibliotheken und Archiven weltweit verzeichnet und frei zugänglich im Internet recherchierbar macht.

Darüber hinaus werden die Bestände im Digitalisierungszentrum der SLUB vollständig digitalisiert und anschließend mit einer digitalen Inhaltsangabe versehen, welche die Orientierung in den oft komplex aufgebauten Digitalisaten erleichtert. Anschließend stehen die Digitalisate den Nutzern in den digitalen Sammlungen frei zugänglich im Netz zur Verfügung und können sowohl über die RISM-online-Datenbank als auch über den SLUB-Katalog abgerufen werden. Auf diesem Weg können die oft sehr sauber geschriebenen Noten von Musikern z. B. unmittelbar zum Musizieren genutzt werden. Auch Musikforscher profitieren von der direkten (digitalen) Einsicht der großteils unveröffentlichten Kompositionen und dem Studium der historischen Originalquellen.

Die Königliche Privat-Musikaliensammlung

Die Forschungen zu den Königlichen Privat-Musikalien konzentrieren sich auf die Sammlungen von Kurfürst Friedrich August II., seiner Frau Maria Josepha und seiner Schwiegertochter Maria Antonia Walpurgis. Diese Sammlungen, die schon zu Lebzeiten in speziellen Katalogen dokumentiert wurden, spiegeln vor allem die musikalischen Vorlieben ihrer kunstsinnigen Eigentümer wieder. So entwickelte Friedrich August II., der in seiner Jugend etliche Jahre in Italien verbrachte, ein besonderes Faible für die italienische Musik. Bereits als junger Mann engagierte er für den Dresdner Hof den venezianischen Komponisten und Opernimpresario Antonio Lotti, welcher unter anderem die Festopern für die Heirat von Friedrich August mit Maria Josepha im Jahr 1719 komponierte, sowie den jungen, italienisch ausgerichteten Komponisten Johann David Heinichen. Nach dem Tod seines Vaters August des Starken im Jahr 1733 holte Friedrich August II. schließlich den international renommierten Komponisten Johann Adolph Hasse als Ersten Kapellmeister nach Dresden, welcher das Musikleben des Hofes vor allem mit zahlreichen Oratorien- und Opernproduktionen bereicherte und bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges dominierte. Bedeutend ist auch die Sammlung Maria Antonias, die die Entwicklung der Dresdner wie der internationalen Opern- und Oratorienmusik von circa 1745 bis 1780 wiederspiegelt. Die Privat-Sammlungen enthalten neben weltlichen und geistlichen Vokalwerken auch Instrumentalmusik.

Die Noten der katholischen Hofkirche

Mit der Konversion Augusts des Starken zum Katholizismus im Jahr 1697 entstand das Desiderat eines neuen katholischen Kirchenmusik-Repertoires für den Dresdner Hof. Nach einer anfänglichen Phase zögerlichen Vortastens gewannen die gottesdienstlichen Kirchenmusikaufführungen ab 1721 an Regelmäßigkeit durch den Einfluss Maria Josephas. Es entwickelte sich ein an Gattungen und Stilen vielfältiges Repertoire. Protagonisten dieser Epoche waren der Kapellmeister Johann David Heinichen sowie die Kirchenkompositeure Giovanni Alberto Ristori und Jan Dismas Zelenka. Zusätzliches Repertoire erwuchs der Hofkapelle aus Reisen der Wettiner nach Neapel und Venedig sowie aus weiteren dynastischen und institutionellen Verbindungen nach Wien und Böhmen. Die hieraus überlieferten Quellen sind oft Unikate und von besonderem musikhistorischen Wert.

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