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Spielfreude und Esprit – Frühe Geigenmusik der Dresdner Hofkapelle in der SLUB

Quellenpräsentation und Konzert, 9. April 17.30 Uhr im Talleyrandzimmer und 19 Uhr im Vortragssaal

Violinenmusik am Dresdner Hof? Ja, natürlich, da ist bestimmt der berühmte Pisendel gemeint! Johann Georg Pisendel, der seinerzeit weit bekannte Geiger Augusts des Starken, Konzertmeister und Orchesterleiter mit einem so leistungsfähigen Orchester, dass Johann Sebastian Bach regelmäßig neidisch nach Dresden schielte, stand ihm selbst ein solcher Apparat in Leipzig nicht zur Verfügung und hätte er ihn doch so sehr benötigt!

 

Pisendel aber, so bedeutend sein Schaffen als Instrumentalist, als Komponist, als "Orchestererzieher" ist (und dessen aktuelle Bekanntheit sich nicht zuletzt einem groß dimensionierten Digitalisierungspojekt der SLUB verdankt), war längst nicht der erste wegbereitende Geiger am Dresdner Hof. Vielmehr traf er, als er 1711 nach Dresden berufen wurde, dort auf eine lange Tradition im Geigenspiel, die als ganz besonders im deutschsprachigen Raum gelten kann.

Die vor allem um und nach 1600 engen dynastischen Verbindungen des Dresdner Hofes nach Italien hatten zu einem regen kulturellen Austausch geführt, zum Engagement italienischer Musiker in Dresden einerseits und zur Ausbildung Dresdner Musiker in Italien andererseits. Dieser italienische Einfluss am kunstsinnigen kursächsischen Hof führte zur Entwicklung eines Geigenstils, der sogenannten Dresdner Geigerschule des 17. Jahrhunderts, der technische Virtuosität mit enormer Ausdruckskraft zu verbinden wusste und, weniger plakativ auf Effekte gerichtet als andernorts, der Dresdner Instrumentalmusik zu breitem Ruhm verhalf. So veröffentlichte beispielsweise schon Carlo Farina, Geiger unter dem Kapellmeister Heinrich Schütz, mehrere große Sammeldrucke mit Instrumentalmusik, die die Musikpraxis am Dresdner Hof lebhaft illustrieren. Nach der tiefen Zäsur, die der 30-jährige Krieg auch am Dresdner Hof für das Musikleben mit sich brachte, erblühte die höfische Instrumentalmusik unter Johann Georg II erneut. Das, was gemeinhin als Barock bezeichnet wird, diente dem Kurfürsten einer weithin strahlenden höfischen Repräsentation und Prachtentfaltung. Dabei spielte Musik neben Architektur, Gartenkunst und Festkultur eine entscheidende  Rolle und Violin-Virtuosen wie Johann Paul Westhoff, Johann Wilhelm Furchheim oder Johann Jacob Walther trugen mit ihrer Kunst erheblich zur Wahrnehmung Dresdens als bedeutendem Hof bei. In Musikdrucken konnten die bisher „unerhörten“ virtuosen Klänge festgehalten und mit ihnen der Dresdner Ruhm verbreitet werden. Die meisten im Rahmen dieser kulturellem Wettstreit ebenso wie privater Erbauung dienenden Musikalien fielen allerdings 1760 dem 7-jährigen Krieg zum Opfer, als der Notenbestand der Dresdner Hofkapelle mit den Partituren und Aufführungsmaterialien des 16. und 17. Jahrhunderts zerstört wurde. Weniger Schaden jedoch nahm der Bestand der Königlichen Bibliothek, und so konnten die dort aufbewahrten Musikalien, vor allem Widmungsexemplare (Musikdrucke, deren Titelblätter den Landesherrn preisen und – auf Protektion und Unterstützung hoffend – ihm dediziert waren) überliefert werden. Verstreut in „Fächer“ und Abteilungen verschiedener Disziplinen (z.B. Mathematik) wurde dieser Musikbestand 1816 von Friedrich Adolf Ebert unter einer ars-musica–Signatur zusammengefasst und damit die heutige Musikabteilung der SLUB begründet.

 

Dies ist Anlass für uns, zu feiern und Ihnen einzelne Facetten der Abteilung vorzustellen. Die höfische Geigenmusik des 17. Jahrhunderts gehört dabei – neben dem überwältigenden Bestand evangelischer Kirchenmusik dieser Zeit oder der späteren höfischen Instrumentalmusik des frühen 18. Jahrhunderts, zu der dann auch Pisendel zählt – zu den weniger beachteten Aspekten. Umso mehr freuen wir uns, Ihnen am 9. April einen Ausschnitt daraus präsentieren zu dürfen.

 

Die in der Königlichen Bibliothek aufbewahrten Bände entgingen dem Schicksal der Hofkapellmusikalien und dokumentieren nun Geschichte auf höchst vielseitige Weise: Facetten der Musikgeschichte werden in der musikalischen Faktur deutlich, die die ausgeprägte Virtuosität der Dresdner Instrumentalmusik  im 17. Jahrhundert belegt, Aspekte der Kulturgeschichte in den ausgedehnten Paratexten: den Widmungen und Einleitungen, der Sammlungsgeschichte in den vielfältigen Signaturen der Bände.

 

Einen Einblick in dieses kostbare Material bieten wir Ihnen am Samstag, den 9. April. Im Rahmen einer Quellenpräsentation erhalten Sie Gelegenheit, an den kostbaren Bänden direkt Spuren der Musikgeschichte, der Verlagstechnik, des Widmungsverhaltens und der Sammlungspraxis zu entdecken, im anschließenden Konzert des hochkarätigen Ensemble Fürstenmusik, die virtuose Geigenmusik am Dresdner Hof des 17. Jahrhunderts klingend zu erleben. Seien Sie dazu herzlich eingeladen!

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