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Grün oder Gold? Open Access-Publikationen heute und in Zukunft

OA – Zwei Buchstaben für eine freie Forschung. Open Access ist ein wichtiger und heutzutage nicht mehr wegzudenkender Baustein für das wissenschaftliche Publizieren. Welche Rolle der grüne Weg dabei spielt und welche Hürden es noch zu überwinden gilt, haben wir anlässlich der Open Access Week Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Lehner von der TU Dresden gefragt.

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Lehner

  • Leiter der Forschungsgruppe Datenbanksysteme der Fakultät Informatik an der TU Dresden
  • Mitglied des Senatsausschusses und des Bewilligungsausschusses der DFG für Sonderforschungsbereiche; Managing Director PVLDB und Head of PVLDB Advisory Committee; Sprecher des DFG-geförderten Graduiertenkollegs RoSI
  • Mitglied des Verwaltungsrats der SLUB
  • Forschungsschwerpunkte: effiziente Auswertung von Massendaten

1.    Schon 2012 hat sich die TU Dresden in ihrer Open Access Resolution zu den Idealen von freier Forschung und Open Access bekannt. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus? Bemerken Sie Unterschiede beim wissenschaftlichen Publizieren? 

Das Konzept des möglichst freien Zugangs zu Publikationen, Patenten, Programmen hat sich weltweit bereits auf vielfältige Weise bewährt. Dies ist eine Bewegung, die unumkehrbar ist und der sich künftig niemand im Wissenschaftsbereich entziehen kann. Die Gefahr von Plagiaten kann zunehmend durch technische Lösungen minimiert werden.
Sowohl an der TU Dresden als auch als Managing Editor der PVLDB, dem begleitenden Journal zur Konferenz „Very Large Data Bases (VLDB)“, der wichtigsten internationalen Datenbanken-Konferenz, engagiere ich mich für freie Veröffentlichungsformen und Reproduzierbarkeit von Experimenten.
Bei meinen eigenen Publikationen achte ich darauf, dass sie dort veröffentlicht werden, wo keine monopolistischen Strategien verfolgt werden. Anfragen zur Erstellung von Gutachten für Zeitschriften solcher Verlage lehne ich deswegen auch ab.

2.    Sie haben sich entschieden, Ihre bisherigen Publikationen soweit möglich auf dem Grünen Weg zweitzuveröffentlichen. Was erhoffen Sie sich davon? Welche Vorteile hat der Grüne Weg in Ihren Augen?

Höchstmögliche Transparenz ist meiner Meinung nach von entscheidender Bedeutung – sowohl bei Strategien zu Veröffentlichungen als auch bezogen auf andere Aspekte der wissenschaftlichen Arbeit wie Entscheidungsprozessen, Projektplanungen etc. Daher ist die Zweitveröffentlichung aller meiner Publikationen über den Grünen Weg eine längst fällige Konsequenz für mich und meine Ko-Autoren. Der Grüne Weg bedeutet geringen Aufwand mit maximalem Nutzen.
Allerdings ist Open Access nur ein Baustein, der sich in das Gesamtkonzept von „Open Science“ einfügen muss, welches von Open Data über Open Source bis zu Reproducible Research reicht.

3.    Als Sprecher des Graduiertenkollegs RoSI setzen Sie sich dafür ein, dass alle Publikationen der Nachwuchswissenschaftler:innen Open Access veröffentlicht werden. Was wollen Sie damit erreichen? Wie motivieren Sie Nachwuchswissenschaftler:innen zum OA-Publizieren?

Das Graduiertenkolleg „Rollenbasierte Software-Infrastrukturen“ (RoSI) an der Fakultät Informatik wird seit Oktober 2013 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Die DFG setzt sich stark für die Einführung eines unabdingbaren Zweitveröffentlichungsrechts ein. Deshalb sollten grundsätzlich alle DFG-Geförderten diesem Weg folgen.
Bis zum Abschluss des GRKs im Herbst 2022 werden rund 34 DFG-geförderte Doktorandinnen und Doktoranden in diesem Verbund wissenschaftlich gearbeitet haben. Die Ergebnisse dieser Arbeiten müssen auch außerhalb dieses Forschungsprojekts zugänglich sein. Allein schon die höhere Sichtbarkeit der eigenen Publikationen durch OA bildet für die Mitglieder unseres Graduiertenkollegs einen attraktiven Anreiz. Meist liegt es nur an Zeitnot oder organisatorischen Anlaufschwierigkeiten seitens der Autorinnen und Autoren, dass nicht schon längst alles in Open Access publiziert wurde. Die Open Access Woche der SLUB ist daher eine wunderbare Gelegenheit, solche möglichen Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Natürlich braucht es dafür eigene Motivation. Aber ohne diese ist wissenschaftliches Vorankommen ja sowieso kaum möglich. 

4.    Bis 2025 soll der Anteil an OA-Publikationen an der TU Dresden bei mindestens
60 % liegen. Finden Sie dieses Ziel realistisch und sinnvoll? An welchen Stellen muss Ihrer Meinung dafür noch etwas getan werden?

Auf jeden Fall ist es sehr sinnvoll, sich ein solches Ziel zu setzen und den Prozess der Transformation in diesem Bereich voranzutreiben. Mittels solcher Zielvorgaben kann dann der Erfolg gemessen und es können notwendige Maßnahmen angepasst werden. Wichtig ist es aber, nicht alle über einen Kamm zu scheren, denn in manchen Fachdisziplinen wird es aufgrund einer langfristig angelegten Publikationskultur unmöglich sein, dieses Ziel zu erreichen; in anderen Bereichen wird es sehr gut zu verwirklichen sein.
Meiner Ansicht nach ist es für die Zukunft wichtig, dass ein Umdenken hinsichtlich der Finanzierung einsetzt: Es kann nicht sein, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem existierenden Budget die Aufwände für Open Access Veröffentlichungen zu tragen haben, ohne dass eine irgendwie geartete Kompensation durch die Hochschulen erfolgt.
Das Prinzip von Open Access impliziert ja, dass das Generieren wissenschaftlicher Forschungsergebnisse Kosten verursacht, nicht aber die Nutzung. Dies muss sich auch in den Finanzierungsplänen der jeweiligen Forschungseinrichtungen widerspiegeln.

5.    Green Open Access, Gold Open Access, Transformationsverträge: Möglichkeiten, Open Access zu publizieren, gibt es viele. Welche bevorzugen Sie? Was sind aus Ihrer Sicht Vor- und Nachteile der verschiedenen Wege?

Green Open Access ist die praktikable Variante für „Einsteiger“, Gold Open Access ist der „Königsweg“, der sich aber unter Umständen nicht für jede Form von Publikation eignet und – wie schon erwähnt - entsprechender finanzieller Ressourcen bedarf.

In jedem Fall ist es gut, starke und kompetente Partnerinnen und Partner an der Seite zu haben – wie das Open-Access-Team der SLUB. Dass es diesen Arbeitsbereich gibt und die organisatorischen Rahmenbedingungen in diesem Bereich an der SLUB auch weiterhin im Wandel sind, gibt wichtige Impulse für die Nutzerinnen und Nutzer dieses Service-Angebots.
Deswegen sage ich sehr gerne an dieser Stelle herzlichen Dank dem Open-Access-Team der SLUB für den erfolgreichen Einsatz und weiterhin viel Erfolg für die zukunftsträchtige Arbeit in diesem Bereich.



Das Gespräch führte Caprice Thomas, Bibliothekarin im Sachgebiet Qucosa und Ansprechpartnerin für Open Access Publikationen und Zweitveröffentlichungen.

Morgen im Interview: Dr. Denise Dörfel (TU Dresden, Bereich Naturwissenschaften)

Unser Tipp: Am 21. Oktober 2020 stellen die Expert:innen des SLUB-Open-Access-Teams in Online-Workshops Serviceangebote rund um den Forschungskreislauf vor und stehen allen Interessierten Rede und Antwort. Die Themen reichen vom Akademischen Identitätsmanagement über Open-Access-Finanzierungsmöglichkeiten für Autor:innen  bis hin zu Offenen Forschungsdaten. Dazu laden wir Sie herzlich ein! Wählen Sie einfach im Programm den passenden Workshop aus und klicken sich zur gewünschten Zeit in die Online-Konferenz, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

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