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1945 – Köln und Dresden Fotografien von H. Claasen und R. Peter sen. 04. Juli bis 27. September 2015 im Stadtmuseum Dresden

Mit der am 3. Juli  eröffnenden Ausstellung "1945 – Köln und Dresden" erinnert das Stadtmuseum Dresden an das Ende des 2. Weltkrieges vor nunmehr 70 Jahren. Die Ausstellung stellt zwei bedeutende Fotografen der unmittelbaren Nachkriegszeit einander gegenüber: Hermann Claasen (1899-1987, Foto links "Kleine Budengasse, Köln 1945) und Richard Peter senior (1895-1977, Foto  unten "Blick vom Rathausturm nach Süden", Dresden 1945).

Beide Fotografen haben mit den Trümmeraufnahmen ihrer Heimatstädte Köln und Dresden unser Bild von im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe zerstörten Städten geprägt. Peters »Engel« über Dresden als trauernde Himmelsgestalt vor den unfassbaren Häuserruinen der Altstadt und Claasens aus den Trümmern aufragender Kölner Dom sind zu Bildikonen, zu Sinnbildern der Mahnung geworden. 

Beide Fotografen haben umfangreiche Archive hinterlassen; bis heute sichtbar sind ihre Fotografien aber vor allem in ihren unmittelbar nach Ende des Krieges erschienenen und mehrfach neu aufgelegten Fotobüchern: Richard Peters „Dresden – eine Kamera klagt an" und Hermann Claasens „Gesang im Feuerofen“. Die Bücher weisen auf den ersten Blick große Ähnlichkeit in Aufmachung, Format, Umfang und Bildsprache auf. Die Aufnahmen beider Fotografen beziehen ihre beeindruckende Wirkung aus dem Wechselspiel von hohem handwerklichem Anspruch und dokumentarischer Qualität mit bewusst eingesetzter, ästhetischer Gestaltung durch gewählte Perspektiven, Bildausschnitte, Tiefenstaffelungen und Lichtführung.

Sehr deutlich unterscheiden sich die Bildbände jedoch in ihren weltanschaulichen Bezugsrahmen, wobei die Unterschiede nur zum Teil in den Fotografien selbst begründet sind. Eine zentrale Rolle spielen vielmehr Bildauswahl, Bildfolge und Texte sowie die Titel der Publikationen: Claasens Fotobuch mit seinem aus dem Buch Daniel entlehnten Titel „Gesang im Feuerofen“  von 1947 beginnt mit Bildern des brennenden Köln und zeigt dann, nach einigen Panoramen der zerstörten Rhein-Metropole, vorwiegend Ruinen von Kirchen und symbolisch aufgeladene Fragmente christlicher Skulptur. Claasen, der die gesamte Kriegszeit in Köln verbrachte und dessen Atelier mehrfach durch Bomben zerstört wurde, verzichtet bei seiner Bildauswahl für das Buch fast gänzlich auf die Darstellung menschlichen Lebens in der zerstörten Stadt (Foto links "Wallraffplatz, Köln 1946/47").

Peters Publikation von 1950 schließt das Menschliche ein. Sie beginnt mit wenigen Aufnahmen des alten Dresden und zeigt dann in der ersten Hälfte des Buches – ebenfalls in Panorama und Detail – das zerstörte Dresden. Peter, der im September 1945 aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt bei der Öffnung der Luftschutzkeller 1946 anwesend war, wechselt schließlich, nach einer dramatischen Bildstrecke mit mumifizierten Toten in der Mitte des Buches (siehe Foto links Luftschutzwart 1946), die mit Hakenkreuzbinde und Uniform zugleich als Täter und Opfer präsentiert werden, zur Darstellung des Lebens in den Trümmern und des gemeinsamen Wiederaufbaus mit sozialistischer Prägung.

Während Claasens "Gesang im Feuerofen" laut Vorwort des Buches vor allem als Mahnung und Aufruf zur Rückbesinnung auf christliche Tugenden zu verstehen ist, wendet sich Peters „Dresden – eine Kamera klagt an“ ganz im Zeichen des Kalten Krieges gegen die »Vernichtungsmaschinerie angloamerikanischer Bomberverbände« und bietet mit den Aufnahmen der kollektiven Aufräumarbeiten und des Wiederaufbaus die Erlösung durch Sozialismus als zentrale Botschaft des Buches an.

Die Ausstellung 1945 – Köln und Dresden stellt diese beiden Publikationen nun erstmals einander gegenüber und kommentiert die Abwicklung der Doppelseiten mit ca. 200 Vintage-Abzügen, zusätzlichen Prints und Archivmaterial. Die Besucher können in der Ausstellung nicht nur die kostbaren Erstausgaben von 1947 bzw. 1950 durchblättern, sondern ebenfalls die zahlreichen Neuauflagen beider Bände in Augenschein nehmen und so spätere Veränderungen selbst entdecken.

Möglich wird eine solche historische Hinterfragung von Fotografie, wie sie diese Ausstellung bietet, durch die beteiligten Partner: Ausstellung und Buch wurden mit Unterstützung der Kunststiftung NRW vom LVR-LandesMuseum Bonn, der Deutschen Fotothek – Archiv der Fotografen in der SLUB Dresden und der Stiftung F.C. Gundlach gemeinsam erarbeitet.

Die Ausstellung begründet eine dauerhafte Zusammenarbeit dieser der Fotografie verpflichteten Institutionen aus Bonn, Dresden und Hamburg. Mit der Ausstellungs-Reihe „Aus den Archiven“, in der von nun an jährlich eine Präsentation von Fotografien und Archivmaterialien stattfinden wird, gehen die Kooperationspartner im Rahmen des »Archivs der Fotografen« (www.deutschefotothek.de) nach dem Bewahren und dem Erschließen fotografischer Archive und Nachlässe nun den dritten Schritt: die Präsentation im Museum.

Der Katalog ist ausschließlich über die Museumsshops des Stadtmuseums Dresden, des LVR- LandesMuseums Bonn und bei der Deutschen Fotothek zum Preis von 24,80 € (Vorzugsausgabe 49,80) erhältlich. 

Vom 19. März bis 07. Juni wurde die Ausstellung im LVR-LandesMuseum Bonn gezeigt.

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