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Provenienzforschung: Spektakulärer Raubgutfund in der Bautzner Stadtbibliothek

Dr. Robert Langer identifizierte vor kurzem Bücher aus der bedeutenden Bibliothek der jüdischen Unternehmerfamilie Edith und Georg Tietz.

 

Spätestens seit dem Gurlitt-Fall ist Provenienzforschung in aller Munde. Nicht nur Museen suchen nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, wie die offizielle Bezeichnung für das lautet, was die Nationalsozialisten jüdischen Bürgern, Gewerkschaften, Parteien, Freimaurern und anderen geraubt haben. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste fördert seit Jahren Provenienzrecherche in Museen, Archiven, Bibliotheken. Auch die SLUB hatte zwischen 2011 und 2013 ihre Zugänge der Jahre 1933 bis 1945 auf verdächtige Bücher hin untersucht, die Rechercheergebnisse sind hier veröffentlicht und werden sukzessive aktualisiert. Ein weiteres Projekt ist geplant, denn NS-Raubgut wurde auch nach dem Ende des nationalsozialistischen Terrors weiter verstreut.

Mit der Stadtbibliothek Bautzen fördert das DZK die erste kommunale Bibliothek in der Raubgutforschung. Im Rahmen dieses Projektes identifizierte der Projektleiter Dr. Robert Langer vor kurzem Bücher aus der bedeutenden Bibliothek der jüdischen Unternehmerfamilie Edith und Georg Tietz. Dies ist eine Sensation, denn bisher war die Büchersammlung als Trophäengut der sowjetischen Besatzungsmacht in Russland vermutet worden. Im Zuge der nationalsozialistischen Machtübernahme war die Firma der Nachfahren der „Hermann Tietz & Co. Warenhäuser“ (Hertie) arisiert worden. Die Brüder Georg und Martin Tietz und deren Schwager Dr. Hugo Zwillenberg, die drei Teilhaber der Firma, sind 1934 aus der Unternehmensleitung gedrängt worden. Das Schicksal ihrer Sammlungen liest sich beispielhaft für so viele: Nach der Emigration der Familien wurde deren Besitz beschlagnahmt, später versteigert und verkauft. Die in Berlin ansässige Reichstauschstelle des Reichsministeriums des Innern erwarb 1944 die bedeutende Büchersammlung des Ehepaares Edith und Georg Tietz. Zum Schutz vor Bombardierungen wurden wertvolle Bestände außerhalb Berlins in Außendepots gelagert, u.a. in der Nähe von Bautzen. Nach dem Krieg verlor sich die Spur der Privatbibliothek – bis zur Wiederentdeckung durch Robert Langer.

Die SLUB kooperiert seit Beginn des Projektes eng mit der Stadtbibliothek Bautzen und zeigt in der Bilddatenbank der Deutschen Fotothek bereits jetzt einige Provenienzmerkmale - Exlibris, Stempel, Autogramme -, die im Zuge der Recherchen identifiziert werden konnten.

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