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Wie klang Dresden nach dem Krieg?

Wie die Stadt nach dem Krieg aussah, ist durch Bilddokumente gut belegt und in unser Gedächtnis eingegangen. Aber wie sah es mit dem kulturellen, musikalischen Leben aus?

 

Bild: Prof. Herbert Collum (Organist der Kreuzkirche Dresden) am Spieltisch der Jehmlich-Orgel (SLUB / Deutsche Fotothek)Ein Puzzleteil dazu liefert der Nachlass des Dresdner Kreuzorganisten und Komponisten Herbert Collum, den die SLUB 2016 erwerben konnte. Neben zahlreichen Noten, Programmen und Rezensionen befinden sich darunter auch ungefähr 300 Tonbänder.

Collum war von 1935 bis zu seinem Tod 1982 Organist der Kreuzkirche. Nach der Zerstörung der Kreuzkirche beim Luftangriff am 13. Februar 1945 stand ihm zunächst kein Instrument zur Verfügung. Die Kirche wurde zwar 1955 wiedereröffnet, die Einweihung der neuen Jehmlich-Orgel fand allerdings erst 1963 statt. 1946 gründete er einen eigenen Chor, den Collum-Chor, mit dem er Werke von Bach und Händel aufführte, daneben auch zeitgenössische Kompositionen und eigene Werke. Wie die Tonbänder eindrucksvoll beweisen, war der Hunger nach Kultur in dieser Zeit nach dem Krieg besonders groß. Zahlreiche Konzerte des Collum-Chores, Konzerte an den wenigen zur Verfügung stehenden Orgeln und vor allem viele Uraufführungen und DDR-Erstaufführungen zeugen davon.

Anlässlich des heutigen Unesco Welttag des audiovisuellen Erbes veröffentlichen wir die digitale Kollektion seiner Tonbänder. Die folgenden drei Aufnahmen seien Ihnen besonders empfohlen:

 

Herbert Collum – Johannespassion

Am 15. März 1953 wurde in der Annenkirche Collums Johannes-Passion uraufgeführt, über die die Presse schrieb: „Diese Passion ist ohne Zweifel eine der stärksten Schöpfungen des stets eigenwilligen Komponisten Collum. […] Alles in allem ein Werk von großer innerer Linie, das jedoch durch die ausgedehnten Spannungen an den Hörer – wie auch an die Ausführenden – große Ansprüche stellt.“ (DNN, 10.04.1957) Das Tonband ist ein Mitschnitt der Aufführung vom 31. März 1957, leider ist die Aufnahme unvollständig.

 

Händel - Messias

Am 29. November 1954 führte der Collum-Chor zum ersten Mal Händels Oratorium „Der Messias“ auf. Zu einer Zeit, als Händels Oratorien noch als selten aufgeführt galten, würdigte die Kritik Collums Engagement: „Mit der Händelpflege steht es in Dresden bekanntlich nicht besonders günstig. Um so erfreulicher ist es, daß sich Herbert Collum auf den „Messias“ besonnen hat“ (Union, 4.12.1954). Das vorliegende Band ist ein Mitschnitt der Aufführung von 1958.

 

 

 

Werke von Herbert Collum

Zum Abschluss der Konzertsaison 1958/59 führte Collum mit Mitgliedern der Staatskapelle, dem Collum-Chor und seiner Frau als Solistin eigene Werke auf, darunter zwei Uraufführungen: Introitus für Kammerorchester und Te Deum.

 

 

 

 

 

 

Wenn Sie Musik von Collum live hören möchten, sind Sie herzlich zum Konzert „COLLUM und mehr – Adventsmusik aus den Beständen der SLUB Dresden“ eingeladen, am 12.12.2018 um 19 Uhr im Klemperer-Saal.

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