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Ausstellung „Erlesenes Schriftbild“. Jakob Hegner Verlag Hellerau

 

Jakob Hegner (1882-1962) war ein Multitalent – Verleger, Übersetzer, Buchgestalter und Typograph – und prägte zwischen 1910 und 1930 maßgeblich das kulturelle Leben in der Gartenstadt Hellerau. Programmatisch widmete sich sein Verlag vornehmlich den Autoren aus dem Kreis des Renouveau Catholique, deren Werke Hegner nicht nur erstmalig ins Deutsche übertrug, sondern auch auf die Bühne brachte.

So besuchten namhafte Gäste wie Stefan Zweig, Gerhart Hauptmann, Oskar Kokoschka, Else Lasker-Schüler oder Franz Kafka die deutschsprachige Erstaufführung von Paul Claudels Verkündigung am 3. Oktober 1913 im Festspielhaus Hellerau. Der ausgestellte Band ist eine Vorzugsausgabe, die von Hans Goltz für Jakob Hegner angefertigt wurde, den Einband schuf Georg Gerhard Schrimpf.

Die Ausstellung zeigt zudem ausgewählte Exponate zur Typographie, für die Hegner überregional bekannt war: „Hegner wollte mehr, im Buch sollte die sinnfällige Gestalt mit dem inneren Gehalt zu einer echten Synthese verwachsen. […] Er arbeitete nur mit dem Handsatz – also ohne Setzmaschinen, ließ klassische Schriften des 16. und 17. Jahrhunderts nachgießen und experimentierte mit einer revolutionär materialgerechten Handwerksarbeit,“ erläutert Hans-Jürgen Sarfert, ehemaliger Mitarbeiter der SLUB Dresden und Experte für die in Hellerau entstandene Literatur.

Neben originalen Matrizen der rekonstruierten historischen Jean-Paul-Fraktur, die in der Hellerauer Druckerei Verwendung fanden (freundliche Leihgabe der Offizin Haag-Drugulin von Eckehart SchumacherGebler), zeigen wir auch Ausgaben mit neu entwickelten Schriften wie der expressionistischen Mendelssohn-Type. Werbeflyer, Programmzettel, Rechnungsformulare und Andrucke von Buchumschlägen aus dem Verlagsarchiv wurden von Michael Faßhauer für die Ausstellung zur Verfügung gestellt und runden das Gesamtbild ab.

Vor einem Jahr erklärte die UNESCO die Druckkunst als schützenswertes kulturelles Erbe, heute wird bundesweit der erste Tag der Druckkunst gefeiert. Mehr als 250 Veranstalter laden dazu ein, die sogenannte schwarze Kunst kennenzulernen.  Warum beteiligen wir uns als Digitale Bibliothek an dieser Aktion? Ist das nicht rückwärtsgewandt? Im Gegenteil: Angesichts der neuesten Ergebnisse aus der Stavanger-Studie zur digitalen Schreib- und Lesekompetenz gilt es, die Aspekte von Materialität der Schrift neu zu denken und auf eine sinnvolle Synthese analoger und digitaler Medien hinzuwirken. Nach dem iconic turn, der das Bildhafte in den Fokus rückt, stehen die Kulturwissenschaften zunehmend unter dem Zeichen des material turn und reflektieren das Verhältnis von Digitalität und Materialität. Im neuen SLUB TextLab erproben wir die Genealogie der Schrift vom Manuskript bis zum Digitalisat und laden herzlich ein, im kommenden Semester dort die Literatur des Hellerauer Jakob Hegner Verlags aus der Perspektive des material turn genauer zu betrachten.

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