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"Die andere Seite der Nacht“ – vom Überleben im Dritten Reich: Lesung und Gespräch mit der Schriftstellerin Dr. Ditha Brickwell

Die Schriftstellerin Dr. Ditha Brickwell liest aus ihrem neuesten Roman Die andere Seite der Nacht, der vom Schicksal der Familie Veit Simon und ihrer Freunde und protestantischen Helfer:innen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts handelt. In Lesung und Gespräch wird sich ihren Biographien genähert, die von Verlust und der Tragik von Verfolgung, Unterdrückung, Entfremdung – aber auch von Mut und Überlebensglück erzählen.

Cover des Buches Die andere Seite der Nacht

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte die Familie Veit Simon zu den ältesten und bekanntesten jüdischen Familien Berlins. Verfolgt als Jüdinnen und Juden während der Zeit des Nationalsozialismus sollten sie sowohl ihre gesellschaftliche Anerkennung als auch ihren Wohlstand verlieren. In ihrem Roman Die andere Seite der Nacht  zeichnet die Schriftstellerin Ditha Brickwell die Familienmitglieder nicht nur durch Ohnmacht und Hilflosigkeit in Episoden von Unterdrückung und Herabsetzung. Vielmehr fächert sie die unterschiedlichen Lebenswege der Kinder Etta, Ruth und Rolf sowie von ihrer als „arisch“ geltenden Mutter Irmgard auf, die auch von Mut, Überlebenswillen, Glück sowie von der Unterstützung durch ihre Freund:innen und protestantischen Helfer:innen geprägt sind.

„Die Dinge des Alltags mischen sich wieder in die Wahrnehmung des Ungeheuerlichen. Die Gewöhnung ist die große Überlebensgabe; über die wir alle verfügen. Sie schafft in unserem Gemüt kleine  Lichtinseln der Hoffnung.“ (Brickwell 2024, Die andere Seite der Nacht, S. 132)

 

Etta überlebt, ihr Bruder Rolf stirbt trotz vieler Fluchtwegversuche in Auschwitz, ihre Schwester Ruth in Theresienstadt. Ihre Mutter Irmgard, die christliche Ehefrau von Heinrich Veit Simon, verliert nach und nach ihren Hausstand, ihren Mann und ihre Kinder in die Emigration, in die Konzentrationslager, in den Tod. Am Ende findet sie mit Kindern und Enkeln ein neues Leben in Übersee.

 

In der SLUB Dresden trifft man auf Heinrich Veit Simon (1883–1942) und seinen Vater Herman (1856–1914) in Büchern, die deren Stempel oder Exlibris tragen. Im Rahmen des Forschungsprojektes „NS-Raubgut in der SLUB (Bestände der Universitätsbibliothek)“ werden systematisch Bücher dahingehend geprüft, ob sie ihren Eigentümer:innen während des Nationalsozialismus geraubt worden sind. So konnten vier Bände aus dem Eigentum der Familie Veit Simon identifiziert werden, die als NS-Raubgut zu bewerten sind. Die SLUB Dresden strebt eine Restitution an die Erb:innen an.

Während der Aufarbeitung des Weges der Bücher und der Erforschung der Vorbesitzer:innen konzentriert sich das Forschungsteam vor allem auf die NS-Zeit und das Verfolgungsschicksal der Personen. Ditha Brickwell weitet diesen Blick in ihrem Roman Die andere Seite der Nacht und ermöglicht, sich in literarischer Weise den Familienmitgliedern Veit Simon zu nähern und sie in ihren Gedanken, Gefühlen und Handeln kennenzulernen.

"Die andere Seite der Nacht – vom Überleben im Dritten Reich": Lesung und Gespräch mit der Schriftstellerin Dr. Ditha Brickwell

Zeit: 26.06.2025 / 18:30 Uhr
Ort: Foyer des Interim Bibliothek Bergstraße, Zellescher Weg 21–25, 01217 Dresden
davor: Kuratorinnenführung durch die Ausstellung "Schicksalhafte Seiten", Treffpunkt 17:00 Uhr 

 

Die Lesung mit Dr. Ditha Brickwell ist eine Begleitveranstaltung zur Ausstellung „Schicksalhafte Seiten. Bücher verfolgter Jurist:innen in der SLUB Dresden“, die noch bis zum 17. Oktober 2025 im Interim Bibliothek Bergstraße/Open Science Lab (Zellescher Weg 21–25, 01217 Dresden) oder virtuell hier besucht werden kann.

 

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