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Wie Görlitzer Bücher auf Dresdner Server und von dort in die Welt gelangen

Das Landesdigitalisierungsprogramm (LDP) bietet auch kleineren sächsischen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen die Möglichkeit, ausgewählte Bestände zu digitalisieren und über die SLUB zu präsentieren. Die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften (OLB) in Görlitz hat diese Chance genutzt: die Digitale Kollektion der OLB ist online.

 

Ein Erfahrungsbericht von Matthias Wenzel, Leiter der Oberlausitzschen Bibliothek der Wissenschaften:

 

Bis in das vergangene Jahr hinein gab es einen unprofessionellen Gedanken in meinem Kopf: „Mit jedem digitalisierten Buch entfällt ein Grund für einen Bibliotheksbesuch.“ Für eine Bibliothek in kommunaler Trägerschaft, die in allen Planungen und Statistiken in höchst konventioneller Weise nach der Anzahl von Besuchern und Entleihungen bewertet wird, ist das eine nicht unwichtige Überlegung.

 

Die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften verfügte zwar seit langem über einen Buchscanner, jedoch wurden damit ausschließlich Arbeitskopien für Benutzung und Fernleihe angefertigt. Eine planmäßige Digitalisierung einzelner Bände oder gar ganzer Bestandsgruppen fand nicht statt. Personal für diese Aufgabe stand weder von der Anzahl noch von der Qualifikation her zur Verfügung, es fehlte das Know-How für die Aufbereitung und Verwaltung der entstehenden digitalen Daten und schließlich ist die IT-Abteilung einer mittelgroßen Stadtverwaltung nicht auf Themen wie „persistent identifier“ und „Langzeitarchivierung“ eingerichtet.

 

Die bei Bibliotheksführungen in unserem historischen Büchersaal regelmäßig auftauchende Frage „Haben Sie die schon alle eingescannt?“ beantworteten wir daher meist mit dem Verweis auf die Aktivitäten der ‚großen Schwester‘ SLUB und auf die Vorteile des ‚zweiten Siegers‘: man kann Erfahrungen nutzen, erprobte Technologien verwenden und das alles mit deutlich geringeren Kosten. Für eine kleine Einrichtung mit lediglich 3,6 Mitarbeitern ohne eigene IT-Abteilung sicher ein sinnvoller und nicht untypischer Weg.

 

In dieser Situation erreichte uns das Angebot zur Teilnahme am sächsischen Landesdigitalisierungsprogramm. Das LDP war genau das, worauf wir gewartet hatten: die Erfahrungen, die Ressourcen und Kapazitäten der SLUB und unsere historischen Bestände für eine nutzerfreundliche Erschließung zu verbinden.

 

Nachdem fest stand, daß die OLB in die Pilotphase des LDP einbezogen wird, konnten die Planungen konkret werden. Die bisher schon guten Kontakte mit den Kolleginnen der Digitalisierungsstelle wurden enger und gemeinsam wurde als Projektziel die vollständige Digitalisierung des urheberrechtsfreien Materials der Signaturengruppe „Lusatica“ formuliert. Von Oktober bis Dezember 2015 wurden rund 1.100 Titel mit ca. 80.000 Images digitalisiert.

 

Nach Fertigstellung dieser Arbeiten werden rund 150.000 Images mit wertvollem, teils unikalem  Bestand aus der OLB im Netz frei zugänglich sein. Das ist ein schöner Erfolg. Für unser kleines Team war die Arbeit daran eine Herausforderung. Das Erstaunliche ist aber, dass wir jetzt, nach Abschluss des Vorhabens, nicht das Gefühl haben, am Ende eines Weges zu stehen. Im Gegenteil, wir sind im fachlichen Verbund mit den Kollegen der SLUB erste Schritte gegangen. Und der eingangs erwähnte unprofessionelle Gedanke vom „entfallenden Grund für einen Bibliotheksbesuch“ ist der Überzeugung gewichen, dass jedes digitalisierte Buch ein Beleg zukunftsorientierter bibliothekarischer Professionalität ist und unserer Bibliothek zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft.

 

Die Langfassung dieses Berichts erschien im Geschäftsbericht 2015 der SLUB, S. 8.

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