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Bibliothek als Geheimarchiv. Zum 50. Jahrestag des Mauerbaus

Da Sie vermutlich nicht zu den StammleserInnen der Augsburger Allgemeinen zählen, wollen wir Sie zum Wochenende auf einen dort wiedergegebenen Zeitzeugenbericht aufmerksam machen, wie er so oder ähnlich in diesen Tagen in vielen Medien veröffentlicht wird. Für uns hat gerade dieser Text besondere Bedeutung, weil die SLUB bzw. eine ihrer Vorgängereinrichtungen darin vorkommt. Herzlichen Dank an den Tübinger Kollegen Jürgen Plieninger, der uns darauf aufmerksam gemacht hat.Voilà, eine Anekdote aus einer längst vergangenen Zeit; oder sollte das tatsächlich erst eine Generation her sein? Freuen wir uns gemeinsam an der erreichten freien Verfügbarkeit von Medien in einer freiheitlichen Gesellschaft.

"Das entscheidende Dokument hat er mehr oder weniger entwendet. Rein in den Lesesaal, Gesetzblatt heimlich kopiert, Kopie unter dem Hemd verborgen und sofort wieder raus. Anders ging das nicht in der ehemaligen DDR. Was Hermann Walter (Name geändert) mit einem Kollegen aus der Landesbibliothek in Dresden geschmuggelt hatte, hätte so etwas wie das plötzliche Ende der DDR bedeuten können. Das SED-Regime hatte dem Westen bei der ersten Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) Zugeständnisse gemacht, um als Staat anerkannt zu werden. 1975 war das, knapp 15 Jahre nach dem Mauerbau.

 

Der Verordnung zufolge stand es fortan jedem DDR-Bürger offen, seinen Wohnsitz frei zu wählen. Nur veröffentlicht wurde diese Gesetzesänderung nie. Die staatlich gelenkten Medien berichteten nicht darüber. „Und zu anderweitigen Informationen hatten wir keinen Zugang", sagt Walter. Die Kopie des Gesetzblatts in Händen, konnten er und seine Familie die Ausreise beantragen, ganz legal und auf bürokratischem Weg. [...] Nachdem sie den Antrag auf Ausreise eingereicht hatten, erlebten die Walters den „ganz normalen" Staatsterror der DDR..."

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