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Hier kommt keiner dümmer raus - Gesichter der SLUB #5 – Dr. Achim Bonte

Regelmäßig befragen wir in der Reihe „Gesichter der SLUB“ Kolleg:innen zu ihrer Arbeit und aktuellen Projekten. Diesmal an der Reihe: Dr. Achim Bonte. Seit 2006 war er Stellvertreter des Generaldirektors der SLUB, seit 1. August 2018 ist er ihr Generaldirektor. Zum 1. September wechselt Achim Bonte nach 15 Jahren SLUB an die Staatsbibliothek zu Berlin.

Dr. Achim Bonte im Porträt vor einer dichten Hecke auf dem SLUB Wall

Was waren, als Generaldirektor, Ihre Aufgaben an der SLUB?

Ich habe die Bibliothek geleitet, das heißt versucht, möglichst gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit wir möglichst viele, gute Ergebnisse erreichen. Da geht es um Finanzplanung, Strategie, Bildung, Klima im Haus, die Dos und Don'ts der Zusammenarbeit und die Kultur des Unternehmens. Auch die Zusammenarbeit mit den Ministerien, der Universität und Projektpartnern war mein Stoff.

Was bedeutet Ihnen Arbeit?

Arbeit ist ein Bestandteil dessen, was dem Leben Sinn gibt. Es ermöglicht Menschen etwas zu schaffen, etwas zu gestalten, etwas zu hinterlassen. Familie gehört dazu, aber eben auch Arbeit, nach meinem Eindruck. Ich finde, dass Arbeit in der Bibliothek besonders sinnstiftend ist. Denn bei uns gehen täglich Menschen klüger raus, als sie reingekommen sind. Und das ist ein wunderschönes Gefühl, dafür zu arbeiten. Man müsste mal zu Beginn eines Wintersemesters in einem vollen Bus, der hier an der SLUB hält, gucken: Was steckt da alles drin, an Anliegen, an Ideen, an Wünschen. Wenn der Bus die Leute hier „ausspuckt“ und sie gehen hinein in die SLUB – was haben sie sich vorgenommen? Also dümmer kommt keiner raus. Viele haben ihre Tagesziele vielleicht auch nicht erreicht, aber verlieren werden sie in der SLUB garantiert nichts. Das macht einfach Spaß, dafür zu arbeiten.

Was verbinden Sie mit der SLUB?

15 Lebensjahre, zum Teil sehr anstrengende, aber auch sehr erfüllende. Ein Ort, an dem ich unglaublich viel Zeit verbracht habe, manchmal mehr, als mir lieb war. Und ein Heimatgefühl mit dem Team, das hier arbeitet. Die SLUB ist ein absolut cooler Laden, auch in der Bibliotheksbranche. Sie ist besonders innovativ und agil, liest die Zeichen der Zeit und versucht sie, unter nicht immer einfachen Bedingungen, umzusetzen.

Was macht für Sie die Bibliothek der Zukunft aus?

Sie ist natürlich digital, aber vor allem auch inklusiv. Es geht noch mehr als heute um die Attribute, also Merkmale, wie wir die Dienste ausliefern. Für wen sind wir da? Wie offen, wie partizipativ sind wir? Das ist ein Punkt,  bei dem auch wir noch Luft nach oben haben. Wie schaffen wir wirkliche Kommunikationskreisläufe, pushen nicht nur raus, sondern holen auch rein? Das Weltwissen wächst so schnell, dass wir als Einzelmenschen es gar nicht mehr verarbeiten und aufnehmen können. Dieses Problem können wir nur lösen, indem wir das, was da draußen ist, reinholen. Die Bibliothek wird ein Broker-Service, eine Distributionsagentur, für Wissen. Wir werden schlau, indem wir mit den Nutzenden zusammenarbeiten. Ich glaube, das ist ein Aspekt, den die Bibliotheken noch tiefer begreifen müssen. Sie sind kein Gral mehr, zu dem alle pilgern. Digitalität, Offenheit, Niedrigschwelligkeit von Angeboten und Diskursivität – das sind wesentliche Elemente der Bibliothek der Zukunft.

Was tun Sie nach Feierabend?

Ich engagiere mich ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen zu den Themen Bildungsgerechtigkeit, Bildungschancen und Stärkung demokratischer Kultur. Ich habe natürlich auch meine Familie mit drei Heranwachsenden, von denen zwei schon flügge sind. Früher bin ich auf der Elbe viel gerudert, was wunderschön war, aber die letzten Jahre habe ich das nicht mehr geschafft.  

Was kann man von Ihnen lernen?

Über Grenzen hinaus zu denken. Regeln zu hinterfragen, Muster zu brechen. Ein bisschen bin ich auch stolz auf meine Entscheidung nach Berlin zu gehen, obwohl es mir auch schwerfällt. Aber nochmal aufzubrechen, Neues zu wagen, Horizonte zu öffnen – da bin ich ganz gut drin. Und ich kann andere damit anstecken. Ist das, wie es ist, gerade gut? Ist es das, was ich will und brauche? Das kann man von mir lernen. Und die möglichst praktische Umsetzung: voranzukommen, manchmal in sehr kleinen Schritten, immer nach dem Motto „Wissen kommt von Machen.“ Fortwährend hinterfragen – und im Zweifel den Schraubenzieher auch einfach selbst in die Hand nehmen. Und das, was zum Job dazugehört: Reden, texten, zuhören, Geduld zu haben – da bin ich eher der Lernende.

Was ist denn besser in Berlin? 

Wenn man geht, darf man ja alles sagen. Deshalb kann ich mich bei dieser Frage ein bisschen ausleben. Also, die Sonne scheint über beiden Bibliotheken.

Rechts das ist die SLUB, links die Staatsbibliothek zu Berlin. Das ist nochmal ein viel größeres Haus. 350 zu 800 Menschen, die darin Sinn stiften können. 

Es ist ein ungleich größerer Tanker, der mehr Mittel, mehr Möglichkeiten, mehr Geld hat. Er kann von außen viel besser begossen werden, hat einfach mehr Ressourcen. Denken Sie sich mal die SLUB mit 800 Leuten, wir könnten ja vor Kraft gar nicht mehr laufen. Das sind alles äußere Faktoren, für die die SLUB nichts kann. Und was für mich auch dazu kommt, und das sind auch Faktoren, die keine Kritik an der SLUB sind, sondern äußere Einflüsse: das Rahmenklima. In Berlin haben wir viel mehr Bunt. Mehr Farbe. Mehr Diversity, mehr Schräges, mehr Pluralismus, mehr Mut. Ich behalte ganz viel Idylle, und gewinne Lebendigkeit und Offenheit. Die SLUB bietet überhaupt keinen Grund rauszugehen. Aber Berlin lockt halt.

1 Comment(s)

  • Ralf Lippold
    27.08.2021 14:38
    ... manchmal ist die Zeit gekommen

    Vielen Dank für die hintergründigen Worte, Herr Bonte.

    Dresden hat definitiv seine Vorteile, doch in Punkto Behendigkeit und Diversität stimme ich Ihnen vollkommen zu. Da ist Berlin auf jeden Fall vorne dran.

    Viel Erfolg und Spaß auf dem neuen "Lerntanker". Man sieht sich bestimmt einmal - in Berlin.

    Herzliche Grüße

    Ralf Lippold