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Nachruf auf den Fotografen und Verleger Hansgert Lambers

Als Autodidakt schuf Hansgert Lambers (*19.4.1937 in Hannover † 23.6.2024 in Berlin) in mehr als sieben Jahrzehnten beeindruckende Stadt- und Straßenfotografie. Unter anderem hat er auch Christian Borchert porträtiert. Nun ist Lambers in Berlin gestorben, sein Lebenswerk hinterlässt er der Deutschen Fotothek.

Schwarz-Weiß-Fotografie von Hansgert Lambers, die den Fotografen Christian Borchert am Grenzübergang Chausseestraße, Berlin 1988 zeigt.

Hansgert Lambers: Christian Borchert am Grenzübergang Chausseestraße, Berlin 1988.

Hansgert Lambers war seit der frühen Jugend ein passionierter Fotograf, der es vorzog lebenslang ein Amateur, ein Liebhaber der Fotografie zu bleiben, um sich seine Leidenschaft nicht durch Auftragsarbeiten zerstören zu lassen. Der am 19.4.1937 in Hannover geborene und in Berlin lebende Fotograf wollte immer nur „seine“ Bilder machen und entschied sich für das Studium des Wirtschaftsingenieurs an der TU Berlin. Ab Mitte der 1960er Jahre bis zum Ende seines Berufslebens arbeitete er bei der IBM, für die er unter anderem die Software für Großrechneranlagen in den sozialistischen Ländern aufspielte. Seine Reisen in westeuropäische Städte wie auch beruflich in die sozialistischen Länder nutzte der Kosmopolit und Internationalist für seine Stadt- und Straßenfotografie. Sein Interesse galt den Menschen in den Straßen, denen er liebevoll und humanistisch geprägt mit seiner Leica und Weitwinkelobjektiv begegnete. Obwohl er Ausstellungen im In- und Ausland vorzuweisen hatte, trug er sein Werk nie vor sich her, um es anzupreisen. 1986 gründete er den kleinen Verlag ex pose „für zeitgenössische Autorenfotografie“ und stellte dort vor allem Fotografien der Kolleginnen und Kollegen, viele davon aus Tschechien, vor. In fünf Publikationen kombinierten Lambers und der befreundete Poet Michael Arenz aus Bochum Bilder des einen mit den Poemen des anderen in kongenialer Weise. Die erste Kooperation, in der so geschätzten edition365 2011 erschienen, trägt den Titel „nachts, wenn der Tag dich erzählt“.

In Kooperation mit der Deutschen Fotothek hat Lambers zwei Bildbände mit Fotografien seines Freundes Christian Borchert veröffentlicht: „Schattentanz“ (2017) und „Wege ins Land“ (2019) und diesen auch selbst porträtiert.

Der so bescheidene wie charmante Hansgert Lambers betätigte sich auch als engagierter Kritiker von Fotobüchern. Als sein Werk anhand von über 100 Fotografien aus sieben Jahrzehnten 2022 in einer Ausstellung im Haus am Kleistpark in Berlin unter dem Titel „Verweilter Augenblick“ nebst Publikation (Fotohof Salzburg) und einem Interviewfilm vorgestellt wurde, waren nicht wenige erstaunt, einen Fotografen zu entdecken, den sie bislang „nur“ als Verleger kannten. Zurzeit gastiert die Ausstellung auf der vierten Station in dem tschechischen Ort Ostrava, der für Lambers eine herausragende Rolle aufgrund vieler Freundschaften auch mit Fotografen und Fotografinnen spielte.

Nun ist Hansgert Lambers am 23. Juni 2024 nach längerer Krankheit in Berlin gestorben. Sein fotografisches Lebenswerk hat er der Deutschen Fotothek der SLUB Dresden vermacht.

Unser Gastautor Matthias Reichelt, Kulturjournalist, Autor und Kurator, war ein langjähriger Wegbegleiter von Hansgert Lambers.

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