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Kulturaustausch trotz(t) Pandemie: Deutsch-polnische Bilderwelten aus der Zwischenkriegszeit in Krakau zu sehen
Mit dabei sind unter anderem Aufnahmen der Dresdner Architekturfotografin Else Seifert (1879-1968) und des Freitaler Arbeiterfotografen Hans Bresler (1902-1994). Die deutsch-polnische Kooperation der SLUB ist ein weiteres Puzzlestück auf dem Weg, sich international noch stärker zu engagieren und zukünftig noch enger mit osteuropäischen Partnern zusammenzuarbeiten.
Die Zwischenkriegszeit in all ihren Wandlungen und Entwicklungen wurde wie keine Epoche zuvor fotografisch festgehalten und begleitet. Für Polen wie für Deutschland, für die zweite polnische Republik wie für die Weimarer Republik, war es eine Zeit der Gegensätze und Widersprüche: Politische Aufbrüche und gesellschaftlicher Fortschritt gingen mit sozialen Konflikten, Armut und extremer Gewalt einher. Erstmals genossen viele Menschen demokratische Rechte und Freiheiten, gleichzeitig wurde die Fragilität der jungen Nachbarrepubliken spürbar. Dennoch entfaltete sich in beiden Ländern eine moderne Öffentlichkeit und Kunstszene, die in vielfältiger Weisen durch Innovationen, Revolutionen gekennzeichnet war.
Als Ausdruck der wachsenden Möglichkeiten und der Sehnsucht nach Visualisierung der Widersprüche und Gegensätze avancierte die Fotografie in der Zwischenkriegszeit zum zentralen Medium: als Mittel der Dokumentation in Bildreportagen berichtend und meinungsbildend, aber auch als Ausdrucksmittel von Künstler:innen und Kunstschaffenden, die mit ihren Experimenten wiederum den Fotojournalismus bereicherten. Mittels neuartiger Blickwinkel und Bildtechniken entwickelte die Avantgardefotografie der 20er Jahre dabei eine moderne Bildästhetik, die das Lebensgefühl jener Zeit optimistisch und dynamisch einfangen und festgefahrene Strukturen über Bord werfen sollte.
Exemplarisch für die neue fotografische Stilrichtung, das „Neue Sehen“, zeigt „More than Bauhaus“ neben Bildern von Klassikern wie László Moholy-Nagy (1895-1946) u.a. auch eine Werbeaufnahme der Dresdnerin Else Seifert (1879-1968). Die Fotografie, die als Teil ihres Nachlasses in der Deutschen Fotothek bewahrt wird, zeigt eine Ansammlung Osramglühbirnen, die Seifert durch geschickte Anordnung und die Wahl der Vogelperspektive wie Seifenblasen erscheinen lässt. Mit Werken des Pressefotografen Martin Munkácsi (1896-1963), dem Altmeister der Neuen Sachlichkeit Albert Renger-Patzsch (1897-1966), dem Surrealisten Aleksander Krzywobłocki (1901-1979) oder dem Freitaler Arbeiterfotografen Hans Bresler (1902-1994), der u.a. mit sozialdokumentarischen Aufnahmen aus der Schokoladenformenfabrik Anton Reiche in Dresden-Plaumen vertreten ist, reflektiert die Ausstellung auch die Vielfalt der fotografischen Genres jener Zeit.
Wie Seifert nähert sich auch die Ausstellung ihren Objekten auch aus einer neuen Perspektive, weder chronologisch, noch orientiert an bedeutenden Fotograf:innen oder an künstlerischen Strömungen, sondern übergreifend anhand von vierzehn Begriffen. Sie stehen für die wechselvolle Geschichte dieser Jahre: Revolution und Republik, Arbeiterfotografie, Sport, Architektur, Mode und Tanz sind nur einige der Themenfelder, anhand derer die verschiedenen medialen Formen der Fotografie in Form von Originalabzügen aus den Archiven mit Zeitschriften, Postkarten, Publikationen und sonstigen Materialien zueinander in Beziehung gesetzt und deutsch-polnische Parallelen und Unterschiede herausgearbeitet werden.
Das International Cultural Centre Krakau (ICC) zeigt „More than Bauhaus. German photography between the wars and Polish parallels“ vom 08. Mai bis zum 01. August 2021. Die deutsch-polnische Ausstellung ist eine Weiterentwicklung, der 2019/20 im LVR-LandesMuseum Bonn in Zusammenarbeit mit der Deutschen Fotothek und der Stiftung F.C. Gundlach Hamburg gezeigten Ausstellung „Fotografie in der Weimarer Republik“ (Bildband im SLUB-Katalog). Was bisher schon auf deutscher Seite erfolgreich war, soll nun mit der Wiedereröffnung der Museen und Kulturzentren auch in Polen für Furore sorgen und die Tür für weitere Kooperationen und Kulturaustauschprojekte öffnen.
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