SLUBlog
SLUB erforscht: Stipendienprogramm ermöglicht Forschungen in den wissenschaftlichen Sammlungen der Bibliothek
Das Programm ist auf acht Jahre angelegt und soll neben der konkreten Forschungsförderung die nationale und internationale Vernetzung der SLUB befördern und Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen vertiefen. Das Stipendium wird pro Jahrgang für einen Zeitraum von sechs bis maximal 18 Monaten gewährt und ist mit monatlich 1.500 € dotiert. Aus den zahlreichen, eingereichten Bewerbungen wurden in der ersten Förderphase fünf Stipendiat:innen ausgewählt.
Abteilung Musik und AV-Medien
In der Abteilung Musik und AV-Medien sind zur Zeit zwei Stipendiat:innen tätig. Katherine Walpole aus Perth hat gerade mit ihren Recherchen zu den Fagottisten der Dresdner Hofkapelle zwischen 1712 und 1755 begonnen. Die Australierin, die an der University of Western Australia in Perth promoviert, zeigt sich bei ihrer Ankunft sichtlich erfreut: „Ich wurde so herzlich empfangen und bin begeistert von all den Ressourcen und der Infrastruktur, auf die ich zugreifen kann und die mich in meiner Forschung unterstützt. Mein Kollege, mit dem ich mir ein Büro teile, inspiriert mich bereits, denn seine Forschung ist sehr interessant. Ich fühle mich unglaublich privilegiert, mit der Königlichen Privaten Musiksammlung der Dresdner Hofkapelle hier an der SLUB arbeiten zu dürfen. Ein Traum wird wahr und ich kann es kaum erwarten, in den nächsten Tagen mein erstes Manuskript zu sehen.“
René Pauls widmet sich den elektronischen Kompositionen Lothar Voigtländers zwischen 1975 und 1989 mit Fokus auf der Interaktion zwischen individueller künstlerischer Arbeit und politischen Einflüssen. Er studierte Lehramt für Musik und Anglistik in Detmold und Paderborn und schrieb seine Masterarbeit am musikwissenschaftlichen Seminar Paderborn/Detmold zum Thema „Die Rezeption Stuart Halls in der Musikwissenschaft: Ansätze zu einer interdisziplinären Fachgeschichte“.
Zur Verleihung des Stipendiums sagte René Pauls: „Es ist mir eine große Freude, den jüngst archivierten Vorlass des Komponisten Lothar Voigtländer erforschen zu können. Das Stipendium der SLUB ermöglicht es mir, vorher unbekannte Dokumente einzusehen und Voigtländers Musik zu hören, die heute leider kaum zu erwerben ist, um so zur Historiografie Neuer Musik in der DDR beizutragen. Meine Arbeit profitiert vom großen Netzwerk versierter Mitarbeiter:innen der Musik-Abteilung, dem reichhaltigen Archiv und der Infrastruktur, die das multimediale Erbe des Komponisten für künftige Forschung professionell aufarbeitet und nachhaltig verfügbar macht.“
Mittlerweile sind fast sechs Monate vergangen und Pauls Stipendium neigt sich dem Ende. Seine Zeit an der SLUB bezeichnet er als prägend: „Dank des umfassenden Bestands hier an der SLUB konnte ich mich problemlos in die Forschungsliteratur einlesen, auf einschlägige historische Zeitschriften zugreifen und vor allem: Voigtländers Musik hören. Was ich herausgefunden habe, ist in wenigen Sätzen für mich schwer zu beschreiben. Meine Forschungsfrage zielt auf die Interaktion von Musik und Politik in Lothar Voigtländers elektroakustischem Œuvre. Diese Interaktion ist in radiophonen Werken Mitte der 1980er bis in die 1990er Jahre deutlich erkennbar und auch von ihm beabsichtigt. Aber auch frühe Werke, besonders eines, das er in Bratislava komponierte, besitzen Merkmale der musique concrète, und weiteten somit die Grenzen des konservativen Musikbildes der DDR.“
Abteilung Handschriften, Alte Drucke, Sächsische Landeskunde und Archiv der Kulinarik
Auch in der Abteilung Handschriften, Alte Drucke, Sächsische Landeskunde und Archiv der Kulinarik sind aktuell zwei Stipendiat:innen tätig. Leonie Matt arbeitet mit den Beständen der SLUB an ihrem Dissertationsprojekt. Sie untersucht das enge Beziehungsgeflecht zwischen höfischen Gärten und theatralen Konzepten im 17. und 18. Jahrhundert am Beispiel des Dresdner Hofs. Sie studierte Kunstgeschichte, Kulturgutsicherung und Musikwissenschaft in Bamberg und Mainz. Derzeit promoviert sie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zum Thema „Der Garten als Theatrum. Gärten und theatrale Konzepte am Dresdner Hof im 17. und 18. Jahrhundert“. Ihr Dissertationsprojekt ist Teil des interdisziplinären DFG-Forschungsprojektes „Garten und Musiktheater am Dresdner Hof des 17. und 18. Jahrhunderts“, zu dessen Projektpartnern auch die SLUB zählt.
Die Vergabe des Stipendiums freut die Doktorandin: „Das Stipendium erfüllt meinen schon länger gehegten Wunsch, für eine Weile an dem Ort zu leben und zu arbeiten, mit dem ich mich in meiner Forschung beschäftige – Dresden. Ich forsche zu höfischen Lustgärten in und um Dresden im 17. und 18. Jahrhundert und genieße es, dank des Stipendiums vor Ort mit verschiedenen Quellentypen arbeiten zu können. Spannend sind für mich besonders historische Karten, Gartenpläne und -darstellungen sowie schriftliche Überlieferungen der Anlagen. Letztere betonen immer wieder die große Fülle an seltenen, damals kaum bekannten Pflanzenarten, die in den Gärten des Dresdner Hofs kultiviert und präsentiert wurden. Ideal ist zudem die Nähe zu anderen, für meine Arbeit ebenfalls relevanten Archiven und Sammlungen, wie die Plansammlung des Landesamtes für Denkmalpflege, die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und das Hauptstaatsarchiv.“
Stefan Beckert ist seit dem 1. März 2024 Forschungsstipendiat in der Handschriftensammlung der SLUB. Ziel seiner Arbeit ist es, die barocke Kultur des Dresdner Kurfürstenhofes für neue Forschergenerationen zugänglich zu machen. In den kommenden Monaten wird er mehrere Diarien des Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen (1613/1656-1680) für eine Online-Edition und Normdatenerschließung aufbereiten.
Beckert, der am Sonderforschungsbereich 1285-Invektivität und dem Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit der TU Dresden promovierte, erklärt mit Blick auf seine Arbeit die Bedeutung kurfürstlicher Diarien: „Diese Hoftagebücher gewähren Einblicke in die pompösen Festlichkeiten, das komplizierte Zeremoniell und die aufwendigen Kostümfeste des Dresdner Hofes. Sie dokumentieren beispielsweise die Namen der Hofmusiker, die Titel der gespielten Stücke oder die Ausstattungen der Kirchen anlässlich herausragender Festtage. Auch Einblicke in die Arbeit des Geheimen Rates oder den Regierungsantritt Johann Georgs II. sind hier festgehalten. Ihre Bedeutung erstreckt sich über die Grenzen verschiedenster Fachbereiche von der Kunst- und Musikgeschichte bis zur Landes- und Diplomatiegeschichte. Außerdem eignen sie sich durch die häufige Nennung von Orten, Personennamen, Festtypen und Aufführungen besonders gut für die digitale Erschließung von Normdaten. Die SLUB bietet dabei beste Voraussetzungen, um sich mit der Kunst- und Musikgeschichte zu vernetzen und auf eine solide IT-Infrastruktur aufzubauen.“
Deutsche Fotothek
An der Deutschen Fotothek widmet sich Judith Riemer der Karriere des Frankfurter Fotografenpaares Heinrich und Thea Weskamp zwischen 1930 und 1960 mit Fokus auf die Darstellung von Arbeit. Judith Riemer studierte Kunstgeschichte und Filmwissenschaft in Leipzig und Jena und promovierte an der Folkwang Universität der Künste Essen zum Thema „Das Fotoalbum als Medium künstlerischen Ausdrucks in den 1920er und 1930er Jahren“.
Zur Verleihung des Stipendiums sagte Judith Riemer: „Ich freue mich darauf, mit meinem Forschungsprojekt im Rahmen des Stipendiums Fotografie der Deutschen Fotothek den ersten Schritt zur Aufarbeitung des Bestandes des Fotografenpaares Heinrich und Thea Weskamp vornehmen zu können. Das Stipendium ermöglicht es mir, an der wissenschaftlichen Erschließung eines umfangreichen und interessanten Bestandes mitzuarbeiten, meine Schwerpunkte einzubringen, aber auch den Boden für weitere zukünftige Forschung zu bereiten. Gleichzeitig profitiert mein Projekt natürlich von den Ressourcen der Fotothek, dem Wissen der Mitarbeiter:innen und dem vielfältigen Umfeld an der SLUB Dresden.“
Nach vier Monaten intensiver Arbeit im Archiv der Deutschen Fotothek resümiert Riemer: „Meine bisherige Zeit an der Fotothek ist wie im Flug vergangen. Ich wurde sehr herzlich empfangen und werde tatkräftig von allen Seiten in meinem Vorhaben unterstützt. Die Sichtung der Fotografien von Heinrich und Thea Weskamp hat die Bandbreite ihres fotografischen Schaffens gezeigt. Mein Projekt fokussiert sich auf den Aspekt der Arbeit in seinen Facetten von Landwirtschaft, Industrie, über die Presse als Arbeitsgebiet und Fragen nach geschlechtlich konnotierten Berufen.“
Die nächste Ausschreibung in den Abteilungen Handschriften, Alte Drucke, Sächsische Landeskunde und Archiv der Kulinarik sowie Musik und AV-Medien erfolgt im April 2024, die der Deutschen Fotothek Ende 2024 / Anfang 2025.
Weitere Informationen zu unserem Stipendienprogramm finden Sie unter:
https://www.slub-dresden.de/ueber-uns/stipendien
This article is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License
0 Comment(s)