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SLUB-Schätze BOOMen
Auch vor jahrelang vorbereiteten Großprojekten wie der 4. Sächsischen Landesausstellung „Boom. 500 Jahre Industriekultur“ macht die Corona-Pandemie nicht halt: Ursprünglich ab Mai geplant, sind die Zentralausstellung im Audi-Bau Zwickau und die Schauplatzausstellungen in Chemnitz, Crimmitschau, Oelsnitz/Erzgebirge, Freiberg und Zwickau nun seit dem 11. Juli eröffnet. Die Bedeutung von Technik und Industrie für Sachsen seit dem späten Mittelalter bis heute wird vor allem in ihren Auswirkungen auf die hier lebenden Menschen gezeigt – auch durch mehrere Leihgaben aus den Beständen der SLUB.
1817 und 1828 veröffentlichte Wilhelm August Lampadius (1772–1842) die beiden Bände seiner „Chemischen Briefe für Frauenzimmer von Bildung und Häuslichkeit“. Nach einem Studium an der Göttinger Universität lehrte Lampadius ab 1793 an der Bergakademie Freiberg, seit 1795 als Professor für Chemie und Hüttenkunde. Er gehörte zu den Pionieren der Erzeugung von Leuchtgas, das im 19. Jahrhundert bald flächendeckend für die Straßenbeleuchtung eingesetzt wurde. In den „Chemischen Briefen“ widmet sich der Autor, der auch zahlreiche Lehrbücher für die Hochschulausbildung verfasste, der Übertragung chemischer Gesetze und Erkenntnisse auf Tätigkeiten im Haushalt. Der erste Band enthält u. a. „viele nützliche Vorschläge und Bemerkungen über Brennmaterial“, Hinweise über die „Art zu kochen und Brod zu backen“ oder Ausführungen zu „den Farbenstoffen und dem Verfahren Zeuge zu färben, … Flecke zu vertilgen und verschollene Farben wieder herzustellen“ – praktische Anwendungen von chemischen Prozessen und Sachverhalten, die zunehmend wissenschaftlich untersucht wurden. Die Titelseiten beider Bücher werden in der Landesausstellung im Wechsel gezeigt.
Ebenfalls nach Zwickau ausgeliehen ist ein Exemplar des Bildbandes „Die Ingenieurbauten in ihrer guten Gestaltung“ von 1923. Herausgegeben vom „Bund Deutscher Heimatschutz“ (BDH) steht er für die Versuche, die Erfahrungen und Auswirkungen der technischen Moderne wie z. B. neue Bau- und Gestaltungsformen mit Ansätzen des Natur- und Heimatschutzes in Einklang zu bringen. Gegründet wurde der BDH 1904 als „Bund Heimatschutz“ und existiert bis heute als „Bund Heimat und Umwelt in Deutschland“. Sachsen war ein Zentrum der Heimatschutzbewegung um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Über Protagonisten wie den Mitherausgeber des Bandes Werner Lindner (1883–1964) bestanden dabei enge Verbindungen zur völkischen Bewegung und zum Nationalsozialismus. Linder hatte als Architekt an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg studiert und an der TH Dresden promoviert. Seit 1914 war er Geschäftsführer des BDH. Sein Wirken zeigt eindrücklich auch die politischen und kulturellen Ambivalenzen der Industriemoderne.
Gezeigt wird in der Landesausstellung u. a. eine Seite mit einer Fotografie der Göltzschtalbrücke. Die größte Ziegelsteinbrücke der Welt spielt auch eine wichtige Rolle in unserer eigenen Ausstellung zum Jahr der Industriekultur: „,Dem Ingenieur ist nichts zu schwer‘. Industrialisierung und technische Bildung in Sachsen“. Die ab 1846 errichtete Brücke war Teil der Sächsisch-Bayerischen Staatseisenbahn. Deren Trassierung und Projektierung wurde von Absolventen der Ingenieur-Bildungsanstalt in Dresden vorgenommen, die für die Ausbildung der Angehörigen des Ingenieurkorps der Sächsischen Armee zuständig war. Sie geht auf eine Ingenieurakademie aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Gemeinsam mit weiteren Einrichtungen wird dieser frühe Ausgangspunkt der technischen Bildung in Sachsen in unserer Ausstellung dokumentiert. Sie ist ab 30. Juli 2020 geöffnet – wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Ausstellung in der SLUB
„Dem Ingenieur ist nichts zu schwer“: https://slubdd.de/ingenieur
Landesausstellung
„Boom. 500 Jahre Industriekultur in Sachsen“: https://www.boom-sachsen.de
Bild oben: Wollenfärberei von Friedrich Wilhelm Grüner in Glauchau, in: Album der Sächsischen Industrie, Band 1, S. 182–183.
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