SLUBlog
Aus unserer Kulinarischen Sammlung: Anregungen fürs Festtagsmenü
Kaiserliches Weihnachtsmenü
Nach seiner Abdankung lebte Wilhelm II. von 1920 bis zu seinem Tod 1941 mit seiner Frau Hermine im Exil in Doorn bei Utrecht. Trotz seines Rücktrittes als Deutscher Kaiser und König von Preußen am 9. November 1918 wurden die Hohenzollern großzügig abgefunden, was ihnen weiterhin einen herrschaftlichen Lebensstil ermöglichte. In unserer Sammlung Ernst Birsner bewahren wir das Menübuch, in dem verzeichnet ist, was Wilhelm II. und seinen Gästen vom 25. Juni 1928 bis 25. Juni 1929 auf Haus Doorn serviert wurde.
Dienstag (1. Weihnachtsfeiertag), den 25. Dezember 1928
Mittagstafel | Abendtafel |
Straßburger Gänseleber mit Toast u. Butter | Fisch in Näpfchen |
Junge Truthühner mit Gemüse | Gänseweißsauer |
Plum-Pudding | Gerösteten Plumpudding |
Mittwoch (2. Weihnachtsfeiertag), den 26. Dezember 1928
Frühstück | Mittagstafel | Abendtafel |
Omeletts | Legierte Suppe | Junge Backhühner |
Junge Rebhühner m. Gemüse | Obst | |
Karlsbader Eierkuchen |
Neunerlei
Linsen für den Wohlstand, Kompott für die Freude oder Bratwurst für die Kraft... Beim erzgebirgischen Weihnachtsbrauch des Neinerlaa werden insgesamt neun Speisen serviert, die auch gute Wünsche fürs neue Jahr symbolisieren. Anhaltspunkte zum Ursprung dieser Tradition finden sich auch in unserer Kulinarischen Sammlung, z.B. 1809 in einer Reisebeschreibung bei Christian G. Wild: „Die gewöhnlichen Speisen am heilgen Abende sind Semmelmilch, Hering mit Milchbrey oder mit Aepfelsallat, oder Sauerkraut und Wurst, wobey das Gläschen Schnaps nicht fehlen darf.“ oder 1862 bei Moritz Spieß: Aberglauben, Sitten und Gebräuche des sächsischen Obererzgebirges. Ein Beitrag zur Kenntnis des Volksglaubens und Volkslebens im Königreich Sachsen.
Dort heißt es auf S. 7 zum Neunerlei frei zitiert: „Es werden neunerlei oder siebenerlei (beides heilige Zahlen) Speisen gegessen ... Die gewöhnlichsten sind: 1. Bratwurst oder Schweinebraten mit Linsen, letztere damit man viel Geld einnimmt, sowie 2. Häring mit Aepfelsalat. ... 3. Grütze- oder Hirsebrei, damit das Geld nicht ausgeht; 4. Buttermilch, damit man keine Kopfschmerzen bekommt, oder Semmelmilch, damit die Spitzen weiß bleiben; 5. Rothrübensalat, damit man rothe Backen behält oder Krautsalat oder Erdäpfelsalat; 6. Süßkraut, damit die Arbeit leicht werde, oder Sauerkraut mit Braten oder Wurst, auch Karpfen, Schöpsenfleisch und Weißkraut; 7. Klöße, damit viel Thaler einkommen; 8. Getrocknete Pilze oder Schwämme, sauer oder gedämpft; 9. Gebacken Pflaumen.“
TV-Tipp: Für die Reihe "Wintergenüsse" hat das MDR Fernsehen Thomas Stern, an der SLUB verantwortlich für die Kulinarische Sammlung, zu unseren Quellen befragt. Sehen Sie hier den Beitrag, in dem natürlich auch ein traditionelles Neunerlei im Erzgebirge zubereitet wird.
Aus dem ältesten sächsischen Kochbuch: Hirsch, Wildes oder andere Keulen gut gebraten
In Sachsen finden wir seit langer Zeit nicht nur eine besondere Tradition der Kochkunst und Esskultur, die sich in der Tafelkultur des Dresdner Hofes und seinem Umfeld widerspiegelt. Auch in den Publikationen zur Gastrosophie nahmen Dresden und Sachsen eine Vorreiterrolle ein. So wurde eines der drei frühen Profi-Kochbücher in deutscher Sprache in Dresden geschrieben. 1611 erschien Johann Deckhardts New Kunstreich und Nützliches Kochbuch. Der Band wurde in Leipzig gedruckt und gilt als erstes sächsisches Kochbuch. Das zugehörige Manuskript aus dem 16. Jh. befindet sich ebenfalls im Bestand der SLUB. Neben allerlei Süßspeisen findet sich im Kochbuch auch ein besonderes Rezept für weihnachtliche Bratenklassiker: Hirsch, Wild oder andere Keulen mit einer Brühe, die aus Äpfeln, Wein und Rosinen zubereitet und mit Ingwer, Pfeffer, Zimt und Safran gewürzt wird.
Punsch
Historische Punschrezepte aus dem 19. Jahrhundert bietet die Bibliotheca Gastronomica, die der Sammler Walter Putz der SLUB 2005 als Schenkung übergab.
Englische Seefahrer brachten im 17. Jahrhundert das indische Getränk mit dem hinduistischen Namen pantsch (= fünf) mit nach Europa. Traditionell besteht dieses alkoholische Mischgetränk aus den fünf Zutaten Arrak, Zucker, Zitronen, Tee oder Wasser und Gewürzen. Schnell fand der Punsch viele Liebhaber:innen und somit eine rasche Verbreitung.
Weinpunsch auf dritte Art
aus: Anselm Josti (Hrsg.): Die Bereitung warmer und kalter Bowlen, wie auch sämtlicher punschähnlichen warmen und kalten Getränke; nach 120 zuverlässigen u. erprobten Rezepten, Weimar, 1885, auch verfügbar bei Wikisource
Drei weitere Punschrezepte finden sich im Lehrbuch der Koch- und Backkunst, oder neuestes Dresdner Kochbuch, von 1827.
Dresdner Stollen (Butterzopf oder Stollen)
Rezept aus: Bickelmann, Georg Conrad: Lehrbuch der Koch- und Backkunst, oder neuestes Dresdner Kochbuch, Dresden 1827, S. 279 (aus der Bibliotheca Gastronomica des Sammlers Walter Putz)
Aus einem Pfund Mehl mit 3 Esslöffeln Hefen und einer Achtelkanne Milch ein Hefenstück gemacht, wenn dieses aufgegangen ist, 12 Loth ausgewaschene Butter, 2 Eidotter, einen Eßlöffel Zucker, ein Viertelpfund große und 4 Loth kleine Rosinen, 2 Loth geschnittene Mandeln, 2 Loth Zitronat, eine Messerspitze Muskatenblüthen, ein Kaffeelöffel Salz und das Abgeriebene von einer Zitrone zu einnem festen Teig gewirkt, diesen aufgehen lassen, einen Butterzopf oder Stollen davon gemacht, dann auf ein mit Butter bestrichenes Papier gelegt, wieder etwas aufgehen lassen, in einen heißen Ofen gesetzt, damit er nicht breit läuft, eine Stunde gebacken und, wenn er herauskommt, gleich mit zerlassener Butter bestrichen und mit Zucker bestreut.
Lebkuchen nach Nürnberger Art
Mit unserer Kulinarischen Sammlung blicken wir auch über die Grenzen des Freistaates hinaus und empfehlen die Rezeptsammlung des Nürnberger Lebkuchenfabrikanten Jakob Braun: Der Nürnberger Lebkuchen – Praktische Anleitung zur Herstellung aller Sorten Lebkuchen nach Nürnberger Art. Dieser Band fand mit der Schenkung der Bibliotheca Gastronomica des Sammlers Walter Putz Eingang in den Bestand der SLUB.
Der Lebkuchen, auch als Gewürz-, Pfeffer- und Honigkuchen bekannt, ist eine süße, kräftig gewürzte Dauerbackware, die in vielen Kulturen zur Weihnachtszeit gehört. Bereits die alten Ägypter kannten honiggesüßten Kuchen. Erste schriftliche Überlieferungen von gewürztem Honigkuchen stammen aus dem Jahr 350 v. Chr. Die heutige Form des Lebkuchens erfand man im Belgischen, diese wurde später von den Aachenern übernommen. In und um Nürnberg erlangt der Lebkuchen im 14. Jahrhundert Bekanntheit, wo er in Mönchsklostern gebacken wurde.
Bratapfel
Er gehört genauso zur Weihnachtszeit wie Plätzchen und Weihnachtsgans: der Bratapfel, eine einfach zuzubereitende Süßspeise aus festen, säuerlichen Äpfeln.
Der klassische Bratapfel wird ungeschält im Ofen gebacken bis die Schale aufplatzt und anschließend mit Zucker und Zimt bestreut. Viel häufiger genießt man den Bratapfel lecker gefüllt. Auch 1827 bereitete man schon gefüllte Bratäpfel zu.
Dieses Bratapfelrezept stammt aus dem Lehrbuch der Koch- und Backkunst, oder neuestes Dresdner Kochbuch, ebenfalls einem Band aus der Bibliotheca Gastronomica des Sammlers Walter Putz.
Gastronomische Geschichten
"...daß es klingt, als ob wir uns mit Fabeln sättigten, wie eine Familie von Steinbeis Appetit auf Kieselsteine hätten und auf dem Monde Äpfel im Schlafrock speisten."
Warum nicht nach dem Festessen, gemütlich im heimischen Wohnzimmer sitzend, einmal wieder Geschichten im Kreise der Familie lesen? Die Bibliotheca Gastronomica des Sammlers Walter Putz bietet auch dafür den passenden Stoff: Gastronomische Märchen von Rudolf Kleinpaul aus dem Jahr 1893.
"Liebes Publikum, lange zu! Lies eins nach dem andern! Was giebt es wohl zuerst – Was denn sonst als ein Märchen!"
Barocke Weihnachtsmusik
Zum Abschluss haben wir noch eine ganz besondere Empfehlung für die Begleitmusik am 1. Weihnachtsfeiertag. Das renommierte Ensemble „The Renaissance Men“ hat exklusiv weihnachtliche Musik aus historischen Quellen der SLUB neu eingespielt. Das Weihnachtskonzert ist am 25. Dezember bei Deutschlandfunk Kultur zu hören und anschließend auch in unserer Digitalen Mediathek verfügbar. Es handelt sich bei besagten Quellen um Chor- und Stimmbücher aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die noch heute einen authentischen Eindruck vom täglichen Musizieren in der damaligen Zeit vermitteln. Rund 1.300 aus dem Bestand sächsischer Gemeinden und Schulen werden an der SLUB bewahrt – Quellen, die auch von der Gestaltung damaliger Weihnachtsgottesdienste zeugen. Lesen Sie ganze Geschichte hier im SLUBlog.
This article is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License
0 Comment(s)