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B!SON goes local
Im Frühjahr 2022 hatte das Projektteam aus der TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften und der Sächsischen Landesbibliothek — Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) die Betaversion des offenen, BMBF-geförderten Empfehlungssystems für Open-Access-Zeitschriften B!SON gelauncht. Nun haben - parallel zur stetigen Verbesserung der Betaversion - die Entwicklungsarbeiten für eine lokale Einbindung des Systems in webbasierte Informationsplattformen von Wissenschaftseinrichtungen begonnen. Indem B!SON sich nahtlos und individuell konfigurierbar in die lokalen Webangebote einfügt, kann es Publikationsberatungsangebote der Einrichtungen für ihre Forschenden ergänzen.
Zunächst galt es jedoch, die Bedarfe und Vorstellungen der Einrichtungen zum lokalen Einsatz von B!SON zu erfahren und zu diskutieren. Im Projekt sind verschiedene Wissenschaftseinrichtungen von Beginn an in die Entwicklungen eingebunden. So profitierte das Projekt im zweiten Community-Workshop am 8.9.2022 bei einer Diskussion zu dieser Fragestellung erneut vom Austausch zwischen den Vertreter:innen dieser rund 20 unterstützenden Einrichtungen und dem Projektteam.
Eröffnet wurde der Workshop mit einem kurzen Input zum Projektstand und einer grundsätzlichen Verständigung über den Mehrwert einer lokalen Einbindung des Empfehlungssystems. Anschließend wurden die Anforderungen der Institutionen an eine lokale Einbindung herausgearbeitet. Dabei wurden zwei Ebenen in den Blick genommen: zum einen das User Interface und zum anderen die individuellen Konfigurationsmöglichkeiten, die eine Abbildung lokaler Open-Access-Policies und Rahmenbedingungen (z.B. bestehende Vertragsverhältnisse) in den Zeitschriften-Empfehlungen erlauben.
Bruchlose Einbettung in institutionelle Webangebote
Eingeleitet wurde die Diskussion mit einer Klärung des Verständnisses von lokalen Systemen. Grundsätzlich erlaubt der offene Quellcode des Projektes, B!SON lokal an den Einrichtungen zu betreiben. Eine solche Implementierung würde eine ausreichend leistungsfähige Serverarchitektur voraussetzen und hätte den Nachteil, dass die laufenden Optimierungen im Quellcode immer wieder nachgepflegt werden müssten. Vor diesem Hintergrund erscheint es erfolgversprechend, lediglich das Frontend in die lokalen Content Management Systeme (CMS) zu integrieren und über entsprechende Schnittstellen auf das von der TIB betriebene, leistungsfähige und aktuelle zentrale B!SON-System zuzugreifen.
Diese Einbettung in die einrichtungsspezifischen CMS soll nach Wunsch der Workshopteilnehmenden grundsätzlich nahtlos umgesetzt werden (gleiches Look & Feel und ohne Weiterleitung auf Drittseiten). Es ist erforderlich, dass das Empfehlungssystem von den Nutzenden als Angebot der eigenen Einrichtung wahrgenommen wird. Technisch ließe sich das einfach über die für die gesamte Website gültige Darstellungsvorgaben (i.d.R. CSS) umsetzen, sodass das Design nicht für jede lokale Instanz manuell nachgebaut werden muss und auch eine möglicherweise lückenhafte Designanpassung, die die Nutzenden irritiert, vermieden werden kann. Im Workshop wurden zudem Ideen diskutiert, um eine Einbindung der TYPO3-Lösung mit wenig Entwicklungsaufwand auch in andere Plattformen zu ermöglichen.
Einrichtungsspezifische Konfiguration und Anreicherung
Ein großer Mehrwert einer lokalen Einbettung bieten die potentiellen individuellen Konfigurationsmöglichkeiten. So können entlang der bestehenden und einrichtungsspezifischen Vertragsbeziehungen oder OA-Policies relevante Informationen ausgewiesen werden. Etwa könnte im Hintergrund auf lokale Kriterien geprüft und zu jeder diese erfüllenden Zeitschrift eine Art „Förderfähigkeits-Siegel“ angezeigt werden: „Diese Zeitschrift entspricht der Open-Access-Policy Ihrer Einrichtung. Die APCs können von Ihrer Einrichtung übernommen werden.“ - ähnlich wie Journal Checker Tool #https://journalcheckertool.org# nach Eingabe von Einrichtung und Funder für jede Zeitschrift eine Aussage zur Plan-S-Compliance trifft. Voraussetzung hierfür wäre, dass alle Förderkriterien der jeweiligen Einrichtung eindeutig mit den in B!SON vorliegenden Daten abprüfbar sind. Alternativ wäre eine solche Kennzeichnung mit dem Hinterlegen einer Positivliste von förderfähigen Zeitschriften realisierbar. Ebenso wäre es sinnvoll, nicht förderungsberechtigte Zeitschriften wie etwa Mirror-Journale nicht als Empfehlung auszuweisen. Erforderlich wäre laut den Teilnehmenden auch, dass die Ausgabe von APC-Informationen für bestimmte Zeitschriften lokal angepasst werden kann - also die aus dem DOAJ in B!SON ausgegebenen APC-Daten mit den aufgrund lokaler Verträge gültigen zu „überschreiben“. Grundsätzlich stimmten die Teilnehmenden überein, dass sich alle lokalen Anpassungen und Anreicherungen ohne Programmierkenntnisse umsetzen lassen sollten (z.B. über Importe entsprechender Listen im csv-Format).
Wie geht es weiter?
Der im Workshop diskutierte Leistungsumfang des Arbeitspaketes wird über eine an der SLUB entwickelte TYPO3-Extension realisiert. Dieser Prototyp soll es erlauben, den vollen Funktionsumfangs von B!SON (Eingabe von Manuskriptinformationen, Ergebnisausgabe, Filterung) lokal einzubinden und zusätzliche lokale Filter zu implementieren. Er wird in enger Abstimmung mit den Projektpartnern entwickelt und in der Publikationsberatung der SLUB praktisch getestet. Die TYPO3-Extension wird anschließend – wie alle Projektergebnisse - allen interessierten Einrichtungen offen zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt.
Ausblick: Nachhaltigkeit des Empfehlungssystems
Webservices wie das B!SON-System können nur dann nachhaltig betrieben werden, wenn eine motivierte Anwendergemeinschaft das System nutzt und ein engagiertes Projektteam in enger Interaktion mit dieser Community den Service weiterentwickelt. Ein wichtiger Baustein in dieser strategischen Ausrichtung ist die Bereitstellung eines lokal integrierten Systems, dass bestehende Beratungsangebote sinnvoll ergänzen kann und so auf eine hohe Akzeptanz seitens der Publikationsberatenden und Forschenden hoffen lässt. Das Projektteam aus TIB und SLUB verpflichtet sich im Sinne der Nachhaltigkeit, den Weiterbetrieb von B!SON für mindestens fünf Jahre nach Projektende sicher zu stellen. Diese Zusage umfasst die Pflege des Webservices und der bereitgestellten Schnittstellen sowie die Aktualisierung der verwendeten Algorithmen zur Ähnlichkeitsbestimmung von Artikeln sowie des lokalen Systems auf Basis einer TYPO3-Extension. Der Rückgriff des Systems auf offene Datenbestände, die von den Projektpartnern DOAJ und OpenCitations bereitgestellt werden, gewährleistet ebenfalls einen nachhaltigen Betrieb des Systems.
Die positiven Rückmeldungen im Workshop lassen das große Interesse an einer lokalen Einbindung des Systems erkennen. In größeren Teilen können die formulierten Wünsche in der laufenden Antragsphase umgesetzt werden. Die breiten Anregungen aus der Open-Access-Community und der wachsende Wunsch nach einer Internationalisierung des B!SON-Netzwerkes bieten Potential für weitere Projektvorhaben.
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