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Feldpostbriefe von Otto Dix erworben

Die SLUB Dresden erwirbt elf inhaltsreiche Briefe und eine Postkarte des Malers Otto Dix an eine Dresdner Freundin aus den Jahren 1915 bis 1918.

Am 22. August 1914 wurde der Maler Otto Dix (1891-1969) zum Kriegsdienst eingezogen. Nach einjähriger Ausbildung war er dreieinhalb Jahre bis Dezember 1918 als Soldat im Ersten Weltkrieg, zuerst an der französischen Westfront, später für kurze Zeit an der Ostfront – eine Zeit, die sein Werk maßgeblich beeinflusste.

Dix wurde bereits 1911/12 gemustert, allerdings zunächst als Ersatzreservist vom Militärdienst zurückgestellt. Knapp einen Monat nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs allerdings wurde er im August 1914 in das Feldartillerie-Regiment 48 in Dresden zur Ausbildung für den Kriegsdienst eingezogen. Es dauert noch ein knappes Jahr, bis er im September 1915 tatsächlich an die Front in die Champagne versetzt wird. Dort gerät er unmittelbar in die Schlacht: "ein Heulen, Krachen, Schreien - die Hölle war los", wie es in zeitgenössischen Berichten heißt. Dix hielt die schauderlichen Eindrücke, erdrückenden Bilder und unvorstellbare Realität schon im Schützengraben auf zahllosen Zeichnungen und Gouachen fest, Tornistergroß, auf Papier, das Freunde aus der Heimat schickten. Kurz nach seiner Rückkehr im Dezember 1918, nach langen dreieinhalb Jahren an vorderster Front, wurde aus dem Soldaten wieder ein Künstler, doch das Thema ließ ihn nicht los, es fand Ausdruck in seinen Gemälden und Grafiken, die sich kritisch mit dem Krieg auseinandersetzen. Eines seiner wichtigsten Werke ist das Triptychon „Der Krieg“, zwischen 1929 und 1932 entstanden. Während der Zeit des Nationalsozialismus von Dix versteckt, entging es der Zerstörung im Rahmen der Diffamierungskampagne „Entartete Kunst“, wie es anderen seiner kriegskritischen Werken wie „Schützengraben“ (1920-23) oder „Kriegskrüppel“ (1920) geschah. Ab 1946 wurde es in Museen der DDR ausgestellt, schließlich ab 1957 in Dresden, wo es erst als Dauerleihgabe des Künstlers, dann 1968 angekauft, im Albertinum ausgestellt zu einem der wichtigsten Bilder das Sammlung wurde.

Dix hat Zeit seines Lebens Briefe geschrieben, auch aus dem Schützengraben, so dass zahlreiche schriftliche Zeugnisse aus den Kriegsjahren erhalten sind. Neben einem Kriegstagebuch – heute im Kunstmuseum Albstadt bewahrt – sind Feldpostbriefe und -karten überliefert, in denen Dix von seinen Erlebnissen an der Front berichtet. Einige dieser Dokumente konnte die SLUB Dresden vor kurzem bei einer Auktion erwerben. Es handelt sich um ein Konvolut von Briefen und einer Postkarte, die Otto Dix zwischen 1915 und 1918 hauptsächlich an seine Dresdner Freundin Helene Jakob sendete  (Mscr.Dresd.Aut.3035.a-l). Helene Jakob war eine Tochter des Hausverwalters der Dresdner Kunstgewerbeschule und versorgte den Künstler mit Zeichenmaterial, Lebensmitteln und Büchern. Dix schildert in den Briefen und Karten seine Erlebnisse vom Stellungskrieg an der Westfront. So schreibt er am 17. Januar 1916 aus der Champagne:

"... Gestern erhielt ich den Zeichenblock ... Die Studien, die ich Ihnen heut schicke, sind seltsamer Art vielleicht für Sie: Gräber! - (zwischen Aubérive und Souplet) I. Grab eines Franzosen. Er ist hier an diesem Ort gefallen. Vielleicht wußte niemand, wie er hieß. Er wurde in das große 21iger Granatloch gelegt und mit Erde bedeckt ... Ein Holzkreuz worauf steht 'Hier ruht ein tapferer Franzose.' Das steht auf jedem dieser Kreuze, das ist ein schönes Grab, wohl an 3 mtr. tief. - II. Der liegt kaum einen halben Meter tief. Zufällig wurde dort später der Laufgraben vorbeigeführt und nun streckte der Mensch seine Beine herein in den Schützengraben. Auch liegt er nicht in gleicher Richtung mit seinem Grabhügel, das ist weniger schön. Noch weniger schön ist es aber, wenn er 'zufällig' den Kopf in den Graben reckt. Bei Maria à Py und Souain bestehen oft ganze Schulterwehren aus Toten, die den Kopf heraus strecken. ..."

Neben dem bereits in der SLUB bewahrten Material zu Otto Dix, bestehend aus Korrespondenz von und an Otto Dix sowie Fotografien, die sich über den Gesamtbestand verteilen und sich beispielsweise im Teilnachlass der Dresdner Malerin Marga Kummer (Mscr.Dresd.App.2581), im Nachlass von Fritz Löffler (Mscr.Dresd.App.2535) oder in der Autographensammlung der Bibliothek befinden, ergänzen die neu erworbenen Briefe und Karten den Bestand über den Künstler und seine Verbindung zu Dresden. An der hier ansässigen Kunstgewerbeschule studierte der in Gera geborene Künstler von 1910 bis 1914. Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg nahm er ein Studium an der Dresdner Akademie der bildenden Künste auf, wo er auch nach Tätigkeiten in Düsseldorf und Berlin in den Jahren 1927 bis 1933 eine Professur innehatte.

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