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Die Mischung macht's: Musikbibliothekare treffen sich in Leipzig zur IAML
Vom 22. bis 27.7.2018 findet der Kongress der International Association of Music Libraries (IAML) - die Internationale Jahrestagung der Musikbibliothekare - in Leipzig statt. Sie wurde in diesem Jahr hauptverantwortlich von der Leipziger Hochschule für Musik und Theater (HMT), dem Bacharchiv Leipzig, der Musikbibliothek der Städtischen Bibliotheken Leipzig und der Musikabteilung der SLUB organisiert. Die Leiterin der Abteilung, Dr. Barbara Wiermann (BW), spricht im Interview über Besonderheiten und Bedeutung der Tagung für Musikbibliothekare und hält einen Veranstaltungstipp parat.
Liebe Frau Wiermann, der Slogan der Konferenz heißt "It's all in the mix - C’est le bon mélange qui compte. - Die Mischung macht's" und geworben wurde mit einer bunten Blumenmischung: Verraten Sie uns die Idee dahinter?
>>BW: Es ist üblich, dass bei dem Vor-Jahres-Kongress mit einem kleinen Give-away für den Folge-Kongress geworben wird. Häufig werden Kugelschreiber oder Kühlschrankmagneten ausgegeben. Wir suchten etwas Leipzig-Typisches. Die Leipziger Mischung wird vom Netzwerk Stadtnatur vertrieben, das zu den vielen bürgerschaftlichen Initiativen der Stadt gehört, die Leipzig so bunt machen. Zudem hofften wir, dass wir über die Blumenmischung mit den Teilnehmern über das Jahr in Kontakt bleiben würden - und das ist auch tatsächlich passiert: In diesem Frühsommer erreichten uns erste Blumenbilder von fremden Balkonen. Die Mischung macht's - das gilt für den Kongress in vielerlei Hinsicht: viele Menschen verschiedener Länder, mit unterschiedlichen Blickwinkeln auf das Bibliothekswesen, mit unterschiedlichen bibliothekarischen Aufgaben, aber auch mit unterschiedlichen Musikkulturen (hier sind wir im Übrigen noch viel zu eurozentristisch unterwegs) kommen zusammen. Sowohl das Fachprogramm als auch das Rahmenprogramm bieten eine große Vielfalt. Mit knapp 500 Teilnehmern haben wir einen wirklich großen Zuspruch gefunden. Besonders freut es mich, dass es gelungen ist, die Tagung so niedrigschwellig zu gestalten, dass knapp 130 Erstbesucher angemeldet sind.
Bei der Tagung kommen also 500 Musikbibliothekare und Musikwissenschaftler aus knapp 40 Ländern zusammen: Ein spannender Austausch auch über kulturelle Grenzen hinweg. Welches sind die zentralen Themen in diesem Jahr?
>>BW: Rund um den Globus spielt Digitalisierung im Bibliothekswesen natürlich eine ganz zentrale Rolle. Dabei geht es zunehmend nicht nur um Textquellen, sondern auch um audio-visuelle Medien, welche für Musikbibliotheken natürlich von besonderem Wert sind. Die Digitalisierung verändert unseren Umgang mit Quellen und die Möglichkeiten der Quellenarbeit, sie verändert aber auch grundsätzlich unser Verhältnis zu unseren Nutzerinnen und Nutzern. Gerade im Bereich der öffentlichen Bibliotheken ist durch die Vielfalt der Angebote auf dem freien Markt die Rolle unserer Einrichtungen zu hinterfragen und neu zu definieren.
Und mit welchen thematischen Schwerpunkten ist die SLUB vertreten?
>>BW: Ich freue mich, dass wir zum einen in der Opening session die Gelegenheit haben, das vom SMWK geförderte Landesdigitalisierungsprogramm für Wissenschaft und Kultur (LDP) vorzustellen. Damit können wir ein internationales Publikum mit einem einmaligen sächsischen Kooprationsprojekt bekanntmachen. Es steht für tolle Zusammenarbeit, es bietet Einblick in den Quellenreichtum in Sachsens Bibliotheken - von Zwickauer Textilmustern bis hin zu sorbischen Schulbüchern - und über das LDP konnten - für die Kongressteilnehmer ganz wichtig - viele Musikquellen zugänglich gemacht werden. Weitere Beiträge beschäftigen sich unter anderem mit dem von uns in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsbibliothek München betriebenen Fachinformationsdienst Musikwissenschaft oder mit unseren Aktivitäten für Audioquellen in der Deutschen Digitalen Bibliothek.
Was ist das Besondere am Standort Leipzig im Hinblick auf die Musikgeschichte?
>>BW: Wenn nun nach immerhin 26 Jahren der IAML-Kongress endlich mal wieder nach Deutschland kommt - er war zuletzt 1992 in Frankfurt am Main - wurde Leipzig bzw. Sachsen als Veranstaltungsort sicher bewusst gewählt. Man spürt es schon im Vorfeld, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich freuen, die Originalstätten der Musikgeschichte zu besuchen - das Bach-Archiv, das Mendelssohn-Haus, das Schumann-Haus etc. etc. Auch bietet Leipzig zahlreiche herausragende Musikbibliotheken, in denen Führungen und Quellenpräsentationen angeboten werden.
Aber auch die Stadt Dresden und die SLUB werden im Tagungsprogramm mit berücksichtigt...
>>BW: Ja, zum Abschluss der Veranstaltung wird es am 28.7. eine Post-Congress-Tour nach Dresden geben. Nach den kulturellen Highlights der Stadt besuchen die Gäste die SLUB, wo sie Einblick in die musikalischen Quellenbestände und die modernen Services unserer Bibliothek erhalten.
Zum Schluss: Was wird für Sie der Höhepunkt der Tagung werden?
>>BW: Am Donnerstagabend, 26.7.2018, 20 Uhr wird im erst kürzlich neu eröffneten Paulinum der Universität Leipzig ein Konzert "Katholische Kirchenmusik am Dresdner Hof", ausgeführt vom Sächsischen Vocalensembles und der Batzdorfer Hofkapelle, unter der Leitung von Matthias Jung, stattfinden. Wir haben die Gelegenheit genutzt, ein wenig bekanntes aber für Dresden typisches Repertoire auszuwählen, das verdeutlicht, wie sich der Hof zu Beginn des 18. Jahrhunderts als kulturelles Zentrum unter den Höfen Europas etablieren wollte. Es macht einfach Spaß, wenn unsere Quellen zum Erklingen kommen - und das mit tollen Ensembles, an einem einmaligen (wenn auch alles andere als katholischem ) Ort, vor einem interessierten internationalen Publikum. Es handelt sich - das sollte ich noch betonen - um ein öffentliches Konzert. Karten gibt es an der Abendkasse.
Donnerstag, 26.7.2018, 20 Uhr,
Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli, Leipzig
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2 Comment(s)
Kurt Masur entzaubert
Anstatt Kugelschreiber und Kühlschrankmagneten
hätte ich zur o. g. Konferenz gern meine Selbstverlagsbroschüre "Kurt Masur entzaubert" verteilt , die in der SLUB vorliegt und total gegen den Zeitgeist geschrieben ist, weil mit dem Text und den recherchierten Dokumenten der Maestro als Mensch mit bisher verschwiegenen Schächen (und nicht als Gott) beschrieben wird. Und ich hätte auf dieser Konferenz gern gefragt: Wie lange noch kann erfolgreich verschwiegen werden, dass Kurt Masur im Jahr 1970 neben Walter Ulbricht & Co.auch Ehrenwache am aufgebahrten Leichnam des gefürchteten Leipziger SED-Bezirksdiktators Paul Fröhlich gehalten hat? Fröhlich war in Leipzig für die Toten vom 17. Juni 1953 und für die barbarische Sprengung der Universitätskirche im Jahr 1968 hauptverantwortlich. Masurs Ehrenwache kann nicht als singuläres "Versehen" gedeutet werden, denn der Maestro stand noch am 7. Mai 1989 zu den Kommunalwahlen als Kandidat der "Nationalen (SED-)Front" auf einem DDR--Stimmzettel. Er hat folglich (ohne Not!) noch wenige Monate vor dem Zusammenbruch die SED-Diktatur als Demokratie getarnt. Aber die Vergötterung des Maestros war und ist noch immer so groß, dass seine Aussage "Ich habe immer so gehandelt, dass ich mich nicht schämen musste" (MDR aktuell vom 19.12.15) nicht mit diesen Taten konfrontiert wird. Wie lange funktioniert das noch in einer Zeit, in der wir uns wieder einmal gegen neue "gefährliche Anfänge" wehren müssen?
Vielleicht hätte ich während dieser Konferenz für meine Text-Datei "Kurt Masur entzaubert", wo SED-Ehrenwächterliste und auch SED-Stimmzettel enthalten sind, Veröffentlichungsasyl gefunden?!
Roland Mey; Leipzig, Januar 2019
Kurt Masur entzaubert
Ergänzender Hinweis:
Nach Eingabe "Kurt Masur entzaubert - Yumpu" in das Googlesuchfeld besteht jetzt die Möglichkeit, das gleichnamige eBook kostenfrei zu lesen und die dort veröffentlichten Dokumente "Ehrenwächterliste" und "DDR-Stimmzettel" zu sichten. (Die Adresse: https://www.yumpu.com/de/document/read/62297716/kurt-masur-entzaubert)