SLUBlog
Das Japanische Palais in Flammen – eine sensationelle fotografische Entdeckung
In unserem kollektiven Bildgedächtnis ist der Zweite Weltkrieg vor allem schwarz-weiß. Ulf Matzat aus der Restaurierungswerkstatt der SLUB hat nun berührende Farbaufnahmen des zerstörten Dresden im Februar 1945 entdeckt – Bilder, die die damaligen Ereignisse ungleich lebendiger vor Augen führen. Besonders gefesselt hat ihn ein Bild des brennenden Japanischen Palais – damals Domizil der Sächsischen Landesbibliothek und eine kleine fotografische Sensation. Denn es ist das erste und einzige Farbfoto des Gebäudes aus dieser Zeit und es lag 74 Jahre unentdeckt im Bildarchiv der Eisenbahnstiftung. Matzat zeigte seiner Kollegin Katrin Nitzschke das Bild, die sofort tief erschüttert war. Katrin Nitzschke arbeitet seit 30 Jahren an der SLUB, kuratiert Ausstellungen für das Buchmuseum und kennt die Zeit um 1945 noch aus persönlichen Erzählungen von Kolleginnen und Kollegen. Das Foto ließ sie nicht mehr los und sie begab sich auf Spurensuche. Was sie herausgefunden hat, lesen Sie hier im SLUBlog.
Das damalige Domizil der Sächsischen Landesbibliothek befand sich seit 1786 im Japanischen Palais. Bei den Bombenangriffen am 13. Februar 1945 wurde das Gebäude getroffen, aber nicht völlig zerstört. Walter Hollnagel fotografierte das brennende Gebäude am 15. Februar 1945 von einem kleinen Hügel im Park des Palais aus. Das Datum lässt sich eingrenzen, weil auf einer zweiten Aufnahme vom gleichen Standpunkt aus, nur ein wenig nach rechts gedreht, die Stadtsilhouette bereits ohne Frauenkirche zu sehen ist.
Das Palaisdach ist durch die Nachtangriffe am Faschingsdienstag, dem 13. Februar 1945, bereits zerstört worden. Offensichtlich haben aber die verstärkten Decken des Gebäudes einer Ausbreitung des Feuers nach unten standgehalten. Durch die Explosion wurden die Fensterscheiben zerstört, aber ein größeres Feuer im Innern der Räume scheint auf den kleinen Teil des Elbflügels, am rechten Bildrand, und auf dem größeren Teil des Westflügels bis auf den Mittelteil des ersten Stockes nicht ausgebrochen zu sein, sonst wären die kleinteiligen Holzrahmen nicht mehr vorhanden. Gut sichtbar sind auch mehrere Schutzwände vor den Kellerfenstern, die als Splitterschutz dienten, denn hinter diesen Fenstern war ein Teil des Buchbestandes, des alten Bibliothekskataloges und des Archivs untergebracht, außerdem in dem darunterliegenden Tiefkeller die größten Kostbarkeiten der Bibliothek.
Offenbar wurde das Palais bei den Tagesangriffen am 14. bzw. am 15. Februar getroffen. Der Einschlag ist auf dem Bild links oberhalb des ersten Rundfensters an dem aufgeplatzten hellen Sandstein zu erkennen. So ist wahrscheinlich auch zu erklären, dass das Feuer genau an dieser Stelle ausbrach. In der Zoomansicht des Bildes sind die Metallregale im Feuer zu erahnen, auch sind die brennenden Häuser des davor liegenden Palais-Platzes zu sehen.
Walter Hollnagel (1895-1983) war für die Deutsche Reichsbahn als Fotograf tätig und auf einer Reise nach Oberschlesien im Februar 1945 in Dresden. Dort machte er mehrere Farbaufnahmen kurz nach den Angriffen auf die Stadt, die er bereits auf seiner Hochzeitsreise 1938 und im Spätsommer 1944 besucht hatte. Damals hatte er die unversehrte Stadt bereits in Farbe aufgenommen. Umso mehr wird der schreckliche Kontrast auf den Fotografien 1945 zu den tags zuvor zerstörten Gebäuden deutlich.
Hollnagel arbeitete über die Erreichung der Altersgrenze hinaus für die spätere Deutsche Bundesbahn. Ein Teil seiner Aufnahmen, darunter die oben beschriebene, wird heute im Archiv Eisenbahnstiftung aufbewahrt. Als 2008 das vorliegende Foto in dem Band „Eisenbahnraritäten“ veröffentlicht wurde, versah man das brennende Palais mit einer falschen Beschriftung, indem man den Bau als R(eichs)B(ahn)D(irektion) Dresden bezeichnete. Heute, 74 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, berührt diese Aufnahme den Betrachter umso mehr.
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3 Comment(s)
Filmmaterial der Dresden-Bilder
Walter Hollnagel fotografierte mit dem "Agfacolor-Umkehrfilm" mit 15/10° DIN (ISO 32) . Seine ersten Farbaufnahmen stammen aus dem Jahr 1938, womit er sich durchaus als Pionier der Farbfotografie bezeichnen kann.
Trotz der schwankenden Ergebnisse bei der damaligen Entwicklung der Filme, konnten seine Farbaufnahmen durch die Digitalisierung wieder zu neuem Leben erweckt werden.
Joachim Bügel
(Archiv Eisenbahnstiftung)
@Welches Filmmaterial?
Lieber Frank,
herzlichen Dank für diese spannende Frage! Da das Bildmaterial im Archiv der Eisenbahnstiftung liegt, können die KollegInnen dort sicher auch die Frage nach dem Material am besten beantworten.
Wir haben nachgehakt und halten Sie auf dem Laufenden.
Bis dahin frohe Ostertage und herzliche Grüße!
Welches Filmaterial?
Ist bekannt, auf welchem Farbfilm fotografiert wurde?