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Unerhörtes – Neue Musik aus Ostdeutschland mit Werken von Christian Münch
Christian Münch - Konzert und Werkpräsentation | Donnerstag, 18. April 2019, 19.30 Klemperer-Saal der SLUB | El Perro Andaluz Dresden spielt "verstummen" und "Duo für Flöte und Fellinstrumente" | Gespräch mit Albrecht Scharnweber zu Fragen der Zugänglichkeit Neuer Musik aus Ostdeutschland
„Ich glaube an den Klang erst, wenn ich ihn höre, anfassen kann mit den Händen – das geht als Dirigent ausgezeichnet.“ (Christian Münch, 1992)
Die Aufführung ist für Münch das Entscheidende seines Werkes, ohne die klangliche Realisierung ist das Werk noch nicht fertig. Der Klang spielt in Christian Münchs Werken eine zentrale Rolle – ein Klang, der als Spiel in und zwischen Raum und Zeit seine Wirkung entfaltet und so hörbar, aber auch spürbar und sichtbar wird, choreographierter Klang wie im frühen Flüsterstück (1979), wo wirklich getanzt wird, besonders aber in Stücken wie geträumt, das 1989 von der Gruppe Neue Musik Hans Eisler in Witten aufgeführt wurde oder auch seiner letzten Uraufführung, vor einigen Wochen durch AuditivVokalDresden in Hellerau, dem a capella für
Wolfgang Hilbig, in Werken also, in denen sich der Klang subtil durch den Raum bewegt und so für den Hörer auf immer verschiedene Arten erlebbar wird. Dabei ist der Klang, ist Musik für Christian Münch nie Selbstzweck. Die „Klangschwingung als Energiepotential“, sie soll berühren und bewegen.
„Eine herrliche Illusion, daß man mit Kunst, mit Musik etwas bewirken, gar verändern, ausrichten kann. Ich hatte sie. Das war gar nicht so schlecht. In dem kleinen Ländchen hier konnte man darauf verfallen“, sagte er 1992 und meint es noch immer.
Vor etwa einem Jahr vertraute Christian Münch etliche seiner Werke dem Archiv für zeitgenössische Komponisten der SLUB an: Partiturautographe, Ephemera, Mitschnitte. Nach und nach werden diese Werke digitalisiert und über die digitalen Sammlungen der SLUB online zugänglich gemacht. Dramaturgen, Verlage, Interpreten mögen sie nun aufgreifen und in das Konzertleben bringen, damit Münchs Musik als Beispiel Neuer Musik aus Ostdeutschland nicht unerhört bleibt, sondern Gestalt annehmen und Wirkung entfalten kann.
Unerhörtes - Neue Musik aus Ostdeutschland III: dem Mainstream so fremd wie dem Vogel die Fessel - Werke von Hermann Keller und Juliane Klein
Grundsätzlich bedarf es gar keiner zusätzlichen Motivation, die Kompositionen Hermann Kellers in einer Reihe zu "Neuer Musik aus Ostdeutschland" zu programmieren: bieten seine Werke mit ihrem experimentellen Zugriff auf das Material doch aus sich heraus Grund genug, eine ganz besondere Facette der vielfarbigen zeitgenössischen Musik Ostdeutschlands vorzustellen.
Und doch drängen sich zusätzliche Anlässe auf, seiner Musik ein Konzert zu widmen:
Am 26. März 2019 jährt sich Hermann Kellers Todestag zum ersten Mal, am 30. März 2019 wäre er 74 Jahre alt geworden.
2019 feiert mit der Edition Juliane Klein ein Musikverlag sein 20-jähriges Bestehen, dessen Gründung vielfältig mit Initiativen Hermann Kellers verbunden und Teil der – wie wir in den vorangegangenen Veranstaltungen unserer Reihe gehört haben – von Ignoranz geprägten Geschichte ostdeutscher Neuer Musik nach 1990 ist.
Und: Im Frühjahr 2019 wird der künstlerische Nachlass Hermann Kellers an die Musikabteilung der SLUB Dresden übergeben und das Archiv für zeitgenössische Komponisten bereichern.
Nicht nur Grund also, sondern auch willkommene Anlässe genug, Hermann Keller ein Konzert zu widmen:
dem Mainstream so fremd wie dem Vogel die Fessel | Werke von Hermann Keller und Juliane Klein | Konzert – Erinnerung – Quellenpräsentation
30. März 2019, 19.30 Uhr Antje Messerschmidt (Violine), Cosima Gerhardt (Violoncello), Tomas Bächli (Klavier), Klemperer-Saal der SLUB Dresden, Eintritt frei
Hermann Keller, geb. 1945 in Zeitz, gestorben 2018 in Berlin, studierte in Weimar Komposition bei Johann Cilenšek und Klavier bei Ingeborg Herkomer. Seit 1971 arbeitete er regelmäßig mit Jazzmusikern zusammen. Sein Berliner Improvisations-Quartett bzw. -Trio erreichte internationale Bekanntheit. Seit 1981 war Hermann Keller freischaffend als Komponist, Pianist und Improvisationsmusiker tätig. Seine Kompositionen wurden u. a. im Gewandhaus zu Leipzig, im Künstlerhaus Boswil, bei der Musikbiennale Berlin, den Berliner Festwochen, der Klangwerkstatt Mannheim, dem MDR Musiksommer, dem Ultraschall-Festival Berlin und den Rheinsberger Musiktagen aufgeführt.
Unerhörtes - Neue Musik aus Ostdeutschland II: Dresdner Lieder
Dresdner Lieder - Konzert | 14.2.2019, 19.30 Klemperer-Saal der SLUB Dresden, Eintritt frei
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Mit Liedern von Alexander Keuk, Manfred Weiss, Johannes Wulff-Woesten und Udo Zimmermann stehen Werke Dresdner Provenienz der letzten Jahre im Zentrum unserer Veranstaltung. Flankiert werden sie von Kompositionen Robert Schumanns und Karol Szymanowskis.
Kaum eine künstlerische Gattung lässt so viel persönlichen Ausdruck zu wie das Lied. In mehreren Dimensionen – der poetischen Textvorlage, ihrer Bearbeitung durch den Komponisten, der Interpretation durch die Ausführenden – ist es geeignet, auf besonders innige Weise ganz individuelle Seelen-Zustände zu ergreifen, zu verarbeiten oder auch anzuregen.
So bieten Lieder seit je Raum, neben einer groß besetzen „Publikums“-Musik im privaten Musizieren und kleiner Form innerer Bewegung Ausdruck zu geben.
Die Komponisten der Dresdner Lieder eint ihr Bezug zu Dresden – ihrer Herkunft, ihrer Generation, auch: ihrer Musiksprache nach jedoch können sie beispielhaft für einen je verschiedenen künstlerischen Umgang mit den elementaren Erfahrungen des Menschen: Liebe, Verlust und die Suche nach Geborgenheit stehen.
Unerhörtes – Neue Musik aus Ostdeutschland I: Musik aus der DDR
Konzert - Podiumsdiskussion - Quellenpräsentation | 31.1. 2019, 18.30 Uhr Klemperer-Saal der SLUB
Im Spannungsverhältnis zwischen kulturpolitischem Sollen und künstlerischem Wollen entfaltete sich eine eigenständige Sprache der Neuen Musik östlich des Eisernen Vorhangs. Dieses vielfältige musikalische Erbe der DDR wird 30 Jahre nach dem Mauerfall wieder interessant. Was aber motiviert dieses Interesse? Gemeinsam mit der Sächsischen Akademie der Künste, den Hellerauer TONLAGEN – Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik und der Edition Peters widmen wir dieser Frage eine Reihe von Gesprächen und Konzerten.
Wie klingt Herkunft? Schlägt sie sich in der Tonsprache nieder? In der Vorliebe für bestimmte Gattungen, Besetzungen, Themen und Bezüge? Welchen Einfluss hat ein besonders geartetes Spannungsfeld von Kunst und Gesellschaft auf die Werke? Als Ort des „Archivs für zeitgenössische Komponisten (der DDR)“ greifen wir diese Fragen auf, stellen Werke, Interpreten und Komponisten aus Ostdeutschland in Konzerten, Gesprächen und Quellenpräsentationen vor und suchen nach den Besonderheiten Neuer Musik aus Ostdeutschland.
Haben wir Ihr Interesse am Thema geweckt? Dann kommen Sie vorbei und diskutieren mit uns! Die Veranstaltungsreihe findet in Kooperation mit der Edition Peters, der Sächsischen Akademie der Künste und Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste statt.
Alle Veranstaltungen der Reihe finden Sie hier im Überblick.
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