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Klimabilanz, Blühwiese, Grüner Schreibraum: Nachhaltige SLUB?!

Mit vereinten Kräften und in vielen kleinen Schritten macht sich die SLUB auf den Weg, eine nachhaltige Bibliothek zu werden. Was steckt hinter der Initiative, was kommt auf Euch zu und wie könnt Ihr Euch einbringen? Stellvertretend für alle engagierten Mitarbeiter:innen haben wir zwei getroffen, die das Projekt ‚Nachhaltige SLUB‘ maßgeblich vorantreiben: Henriette Mehn, wissenschaftliche Volontärin, und Julia Meyer, stellvertretende Generaldirektorin.

Annemarie Grohmann (AG): Wir sitzen hier bei herrlichem Frühlingswetter im neuen Gemeinschaftsgarten des SLUB TextLab – einem der jüngsten Nachhaltigkeitsprojekte der SLUB. Eigentlich sind die SLUB und Nachhaltigkeit schon lange miteinander verknüpft. 1713 prägte der Freiberger Oberberghauptmann Hannß Carl von Carlowitz erstmals den Begriff der Nachhaltigkeit in seiner Abhandlung „Sylvicultura Oeconomica“, eine Ausgabe bewahrt die SLUB in der Bibliothek Tharandt. Er forderte eine „continuierliche und beständig nachhaltende Nutzung, weil es eine unentberliche Sache ist“. Und: Durch das Prinzip des Teilens trägt Bibliothek per se zu mehr Nachhaltigkeit in der Gesellschaft bei. Man könnte also auch sagen: Eigentlich sind wir schon ganz gut unterwegs.

Nichtsdestotrotz startet die SLUB jetzt eine Nachhaltigkeitsinitiative. Was ist der Kern der neuen Nachhaltigkeitsstrategie, worum geht es?

Julia Meyer (JM): Ich denke, dass wir noch nicht wirklich auf dem Weg waren. Wir haben mit dem Werk von Hannß Carl von Carlowitz zwar die Idee im Bestand, haben das jedoch in unseren internen Abläufen eigentlich nie bewusst beherzigt. Dennoch haben viele Mitarbeitende ein Bewusstsein für die Bedeutung von Nachhaltigkeit. Neu ist, dass wir das nun strategisch auch durch die Leitung zum Thema gemacht und in den Jahreszielen fest verankert haben. Eine nachhaltigere SLUB beginnt bereits bei ganz einfachen Dingen. Das zeigt sich zum Beispiel beim ökologischen Aspekt: Wir haben keine konsequente Mülltrennung in den Büroräumen. Hier haben wir großen Aufholbedarf. Besser aufgestellt sind wir hingegen beim Bildungsaspekt, da wir Offenheit und Teilhabe schon lange ermöglichen, als Kernaufgabe der Bibliothek. Das ist ja auch eine Form von Nachhaltigkeit, die wir allerdings bislang nicht offensiv als solche benannt haben.

Henriette Mehn (HM): Ich würde auch sagen, wir müssen ökologisch und ökonomisch nachhaltiger werden und wir müssen mehr darüber reden – auch, weil es nachgefragt wird. Viele andere Institutionen machen sich ebenfalls auf den Weg. Und dann wird von uns natürlich auch erwartet, dass wir etwas nachweisen können.

AG: Was würdet ihr denn sagen, wie nachhaltig ist die SLUB momentan auf einer Skala von eins bis zehn? Wo stehen wir?

JM: Eins. (lacht)

HM: Ich wäre vielleicht zu einer drei gegangen. Im Bereich ökologische Nachhaltigkeit gehen wir ja jetzt schon einige Projekte an. Da fehlt vor allem noch die Vernetzung. Beispielsweise ist der Gemeinschaftsgarten hier am SLUB TextLab angesiedelt. Es gibt jedoch wenig Kommunikation, was das eigentlich für den Lernraum der ganzen Bibliothek bedeutet.

Ich würde sagen, es gibt gute Ansätze und auch viele Mitarbeitende, denen das Thema wichtig ist und die eigentlich nur darauf warten, dass jetzt etwas von der Institution kommt und gesagt wird, wir hängen das jetzt höher auf, wir wollen weiter vorangehen.

JM: Das ist ganz wichtig, was du gesagt hast. Es ist schade, wenn wir nicht die komplette Geschichte erzählen. Wenn wir zum Beispiel über den Gemeinschaftsgarten berichten, sagen wir: „Kommt macht mit!“ Aber wie das im Gesamtkontext der Nachhaltigkeit mit allen Aspekten – Ökologie, Bildung und Ökonomie – zusammenhängt, warum das für die SLUB wichtig ist, diese Geschichte müssen wir auch erzählen. Und deshalb habe ich gesagt, eins. Die Idee ist da, aber wir kommen noch nicht so richtig raus damit.

AG: Die SLUB ist eine der größten wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands, in 'normalen' Zeiten besuchen bis zu 6.000 Nutzende täglich die Bibliothek, knapp 350 Menschen arbeiten hier. Wie bewegt man so eine große Institution in Richtung einer neuen Nachhaltigkeitsstrategie? Was braucht es dafür?

HM: Es braucht Mitarbeitende, die sich dazu bekennen. Und es braucht das Bekenntnis der Leitungsebene, dass es gewünscht ist, dass Mitarbeitende eine neue Perspektive für ihre alltäglichen Arbeitsprozesse einnehmen, um in diesem für die Bibliothek strategisch relevanten Feld weiterzukommen und laufende Projekte nachhaltig umzusetzen. Ich glaube wirklich, wir haben den großen Vorteil, dass es viele Leute gibt, die eigentlich nur darauf gewartet haben, dass sie ihre Ideen einbringen und sich an die Umsetzung machen können. Da müssen wir gar nicht so viel Überzeugungsarbeit leisten.

AG: Welche Projekte sind denn schon angelaufen? Was gibt es bereits?

JM: Unseren Grünen Schreibraum hier, ein großes Unternehmen mit viel kommunikativem Abstimmungsbedarf. Die Kolleginnen aus dem SLUB TextLab, von der Referatsleiterin bis zur FSJlerin, haben das zusammen mit dem Verein Stadtgärten e.V. mit viel Liebe und Engagement auf die Beine gestellt und suchen jetzt Interessenten für den Gemeinschaftsgarten. Es ist der Gedanke des Embodiments, dass das Lernen und Schreiben nachhaltiger funktionieren kann, wenn zwischendurch ein wenig Gartenarbeit geleistet wird, die nicht nur Bewegung und frische Luft verspricht, sondern auch eine Form der Achtsamkeit ist. Eine andere Alternative sind die Yogamatten und -kissen im TextLab, die allen Nutzenden zur freien Verfügung stehen.

HM: Außerdem haben wir die Blühwiese. Das ist zwar aktuell eine große Baustelle. Aber es wird sich am Ende lohnen.

JM: Das Projekt hat größere Ausmaße angenommen als ursprünglich geplant. (lacht) Wir dachten am Anfang, wir streuen einige Samen aus und dann geht es los. Jetzt wird zunächst, dringend nötig, das Dach erneuert. Dann wird die Trockenblühwiese, die perspektivisch ohne zusätzliche Wasserversorgung auskommen soll, Schritt für Schritt aufgebaut. Das ist komplex und erfordert speziell dafür gemischtes, hochwertiges Saatgut, ein ausgeklügeltes Mahdregime und zusätzliche Bewässerung für den Anwuchs.

HM: Es ist dann auch wichtig, eine Art Miteinander zu gestalten. Die Blühwiese soll nicht nur Insekten, sondern auch Menschen anlocken. In dieser grünen Oase wollen wir allen gute Aufenthaltsmöglichkeiten bieten. Für die Nutzenden bringt es ja durchaus einen mikroklimatischen Vorteil, bessere Luft.

JM: Ein weiteres Projekt, das wir gerade vorbereiten, ist die Umstellung unserer öffentlichen Kopiergeräte auf kostenfreie Scanner ab August dieses Jahres. Das ist ein großer Schritt. „Papier wird PDF“ lautet das Motto. An allen SLUB-Standorten stehen dann kostenfrei moderne Buchscanner und Scanzelte zur Verfügung. Sie sparen jede Menge Papier und erleichtern die Arbeit enorm. Die Kampagne dazu ist fast fertig, darüber informieren wir bald ausführlich.

HM: Auch der SLUB Makerspace hat sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben – dort laden wir regelmäßig zu passenden Ausstellungen und Veranstaltungen ein. Seit einigen Tagen ist zum Beispiel eine Ausstellung zu Cradle-to-Cradle-Kreisläufen zu sehen. Es geht um Materialien und um perfekte Kreisläufe, die ganz ohne Müll auskommen.

AG: Was gibt es denn darüber hinaus für Ideen? Wo schlummert das größte Potenzial, um die SLUB noch nachhaltiger zu machen?

HM: Das größte Potenzial schlummert, glaube ich, bei der Klimabilanz. Das ist eigentlich ein total technisches Thema, aber es bewegt tatsächlich viele Mitarbeitende. Auch die TU Dresden und andere Institutionen machen sich darüber Gedanken. Wo kommt der Strom her, den wir eigentlich verbrauchen? Und wir verbrauchen viel Strom. Wenn wir da wirklich in einer großen Gruppe gemeinsam dafür eintreten, dass wir nachhaltig produzierten Strom beziehen, dann können wir in einen guten Austausch kommen und viel bewirken. Wir haben schon erste Kontakte zur Klima-AG der TU geknüpft und auch in die Stadt.

JM: Da ist ein großes Potential mit den vielen dauerhaft beleuchteten und klimatisierten Räumen, wenn wir Strom aus erneuerbaren Energien hätten. Auch durch das Umstellen von Kopieren auf Scannen werden wir unsere Klimabilanz verbessern. Aber es ist gut, so etwas mit der TU gemeinsam zu entwickeln, mit den Wissenschaftler:innen, die auch zur Klimabilanz forschen.

Ein weiteres Vorhaben: Wir wollen unseren Standort Tharandt zu einem nachhaltigen Lernzentrum entwickeln, die Zweigbibliothek, in deren Umfeld der Begriff „Nachhaltigkeit“ entstanden ist. Das steckt gerade noch in den Kinderschuhen. Wir veranstalten dort erste gemeinsame Workshops mit der TU Umweltinitiative.

HM: Wenn wir die SLUB auch strategisch nachhaltiger entwickeln wollen, werden wir künftig unsere Strategie fürs gesamte Haus, SLUB 2025, noch stärker im Bereich Nachhaltigkeit anreichern. Dort ist zwar das Ziel vermerkt, aber bislang noch gar nicht untersetzt. Das brauchen wir.

JM: In unsere Jahresziele haben wir jetzt einen ganz konkreten Punkt aufgenommen: Bei unseren Beschaffungen berücksichtigen wir Nachhaltigkeit künftig stärker als Entscheidungskriterium.. Generell gilt: Weniger ist mehr. Auch in der Projektplanung heißt das Motto jetzt „fokussiert und nachhaltig“. Brauche ich dieses neue Projekt wirklich? In welchem Verhältnis stehen Aufwand und Nutzen? Sind wir in der Lage, Kosten und Aufwände auch nach der Projektfinanzierung nachhaltig zu sichern?

AG: In der besten aller Welten: Wie würde eure ideale nachhaltige SLUB 2025 aussehen?

JM: Ich fände es schön, wenn es uns gelingen würde, die Ideen der Mitarbeitenden und Nutzenden in unsere Planungen aufzunehmen und gemeinsam zur Umsetzung zu bringen.

HM: Ich fände es schön, wenn wir an allen Standorten verschiedenste Arbeitszusammenhänge ermöglichen könnten – also entweder drinnen allein oder draußen in einem wie auch immer gearteten Grünen Schreibraum, in der Gruppe. Meine Hoffnung wäre, dass wir dadurch auch zu einem engeren Verhältnis von Mitarbeitenden und Nutzenden kommen, dass hier mehr Miteinander entsteht.

JM: Wir wollen dadurch unseren Service für die Bibliotheksbesucher:innen verstärken, drinnen und draußen, nachhaltige Lernräume und Berührungspunkte schaffen.

HM: Das ist die Vision, da wollen wir hin: partizipativ und auf Augenhöhe, miteinander unterwegs, voneinander lernen.

AG: Ein wunderbares Schlusswort, vielen Dank für das Gespräch!

Wir wollen auch von Euch wissen: Was macht eine nachhaltige SLUB aus? Feedback und Ideen gern in den Kommentaren!


Ihr möchtet im Gemeinschaftsgarten des SLUB TextLab mitwirken? Hier geht's zu den Infos.

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4 Kommentar(e)

  • Barbara Hoffmann
    05.07.2021 08:27
    Scanzelt

    Liebes Team der SLUB,

    ich habe vor einigen Wochen am Barcamp der aktuellen URV teilgenommen. Im Rahmen dessen habt ihr auch eure Initiative zur nachhaltigeren SLUB vorgestellt. Ich würde gern auf die Scanzelte eingehen: Grundsätzlich bin ich natürlich sehr angetan davon, kostenlos und in recht vernünftiger Qualität Scans anfertigen zu können. Nach einigen Versuchen konnte ich auch sehr gut mit der erforderlichen Technik hantieren. Die Aufnahmen erscheinen alle in einem bläulichen Ton, wohl aufgrund der Beleuchtung des Zeltes, der das Lesen der Dateien etwas anstrengend macht.
    Für den privaten Gebrauch nutze ich dieses Angebot gern weiterhin und würde mich über eine Ausweitung des Projektes freuen - mehr Zelte in der Hauptstelle, die klug verteilt wären, erleichterten mir das Arbeiten sehr.
    MfG

    • Anne-Kathrin Roßner
      16.07.2021 13:42
      Bilanz und Blaustich

      Liebe Frau Hoffmann, wir freuen uns sehr über Ihr Interesse und Ihre Anregungen. Es ist schön zu wissen, dass die neuen Scanzelte so gut angenommen werden. Die Anschaffung neuer Technik ist nämlich auch immer ein Risiko und ein Abtasten, welcher Bedarf an dieser Stelle besteht. In den kommenden Monaten werden wir Bilanz ziehen und ggf. die Zahl der Scanzelte in der Zentralbibliothek anpassen. Zu dem von ihnen beschriebenen Blaustich: Dieser wird von der Farbtemperatur der verbauten LEDs verursacht, fällt aber je nach Smartphone-Modell und -Kamera unterschiedlich stark aus. Um bessere Scanergebnisse zu erreichen, empfehlen wir Ihnen, eine Scan-App zu nutzen. Programme wie die kostenlose DocScan-App führen automatisch einen Weißabgleich durch, der den Blaustich zuverlässig entfernt. Die Links zur App finden Sie unter https://www.slub-dresden.de/besuchen/scannen-und-kopieren/scannen-und-rueckvergroessern

  • Rainer Kirmse , Altenburg
    03.07.2021 15:48
    Nachhaltigkeit / Klimaschutz

    ANTHROPOZÄN

    Das oberste Gebot der Zeit
    Muss heißen Nachhaltigkeit.
    Statt nur nach Profit zu streben,
    Im Einklang mit der Natur leben.
    Der Schutz von Umwelt und Klima
    Muss vorn stehn auf der Agenda.
    Den Planeten klug gestalten,
    Und nicht die Erde entwalden.

    FÜR MUTTER ERDE

    Der Mensch, dieses kluge Wesen,
    Kann im Gesicht der Erde lesen.
    Er sieht die drohende Gefahr,
    Spürt die Erwärmung Jahr für Jahr.
    Homo sapiens muss aufwachen,
    Seine Hausaufgaben machen.

    Der Handel mit Emissionen
    Wird unser Klima nicht schonen.
    Weg vom ewigen Wachstumswahn,
    Braucht es einen weltweiten Plan.
    Für den Planeten, die Menschheit,
    Geh'n wir's an, es ist an der Zeit.

    Kämpfen wir für Mutter Erde,
    Dass sie nicht zur Wüste werde.
    Retten wir den herrlichen Wald,
    Bewahren die Artenvielfalt.
    An alle Welt geht der Appell,
    Klimawandel ist universell.

    POEM FOR MOTHER EARTH

    The earth is our mother,
    We will not have another.
    There's no better place to find
    For animals, plants, mankind.

    Green woods, beautiful lakes,
    Nature has got what it takes.
    We have to keep clean the air,
    As environment everywhere.

    Put an end to coal mining,
    Nuclear power and fracking.
    Climate concerns all nations,
    Just as plastic in the oceans.

    For good living day and night
    Must change darkness and light.
    Our planet, so wonderful blue,
    We will always protect, We do!

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

    • Anne-Kathrin Roßner
      13.07.2021 11:17
      Ein Dank

      Lieber Herr Kirmse,

      danke für ihre Verse! Wir stehen am Anfang des Wandels und lernen täglich dazu.

      Herzliche Grüße nach Altenburg!

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