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„Magnum Mysterium“ – Wie klang sächsische Weihnacht vor 500 Jahren?

Chor- und Stimmbücher aus dem 15. und 16. Jahrhundert vermitteln noch heute einen authentischen Eindruck vom täglichen Musizieren in der damaligen Zeit. Rund 1.300 aus dem Bestand sächsischer Gemeinden und Schulen werden an der SLUB bewahrt – Quellen, die auch von der Gestaltung damaliger Weihnachtsgottesdienste zeugen. Das renommierte Ensemble „The Renaissance Men“ lässt diese barocke Musik nun neu erklingen. Lesen Sie eine Geschichte über wiederentdeckte Quellen und ein abgesagtes Konzert, das trotzdem zu hören sein wird.

Detail aus der Handschrift Mus.Gri.53, aus der einzelne Werke am 25.12. erklingen werden.

Detail aus der Handschrift Mus.Gri.53, aus der einzelne Werke am 25.12. erklingen werden.

Wie klang Weihnachten in sächsischen Gemeinden um 1570? Heinrich Isaac, Wolfgang Figulus, Lucas Lossius, Johann Walter und viele andere setzten Teile der Weihnachtsliturgie in Musik und machten das Weihnachtswunder in der jungen protestantischen Kirche hörbar – für uns sichtbar und gespiegelt in den überlieferten Quellen. Einen authentischen Einblick in die frühe Zeit protestantischer Weihnachtstradition geben so unter anderem in der SLUB Dresden bewahrte Depositalbestände: Leihgaben, teils handschriftlich, teils gedruckt, aus sächsischen Kirchgemeinden und Schulen, die bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in der SLUB und ihren Vorgängerinstitutionen bewahrt werden. Überliefert sind Chor- und Stimmbücher aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die zum täglichen Musizieren an Orten wie der Marienkirche Pirna, der St. Petri-Kirchgemeinde Augustusburg, der Löbauer Lateinschule oder der Fürsten- und Landesschule Grimma genutzt wurden. Die Quellen lenken den Blick in ihrer Herkunft demnach weniger auf die großen musikalischen Zentren, sondern auf das reiche Musikleben in sächsischen Kleinstädten. Auch 500 Jahre später vermitteln die Noten so noch einen unmittelbaren Eindruck von der musikalischen Reichhaltigkeit der Gottesdienste.

Weihnachtskonzert am 25. Dezember im Deutschlandfunk

Am 1. Dezember sollte nun ein Schlaglicht auf das weihnachtliche Repertoire dieses inhaltlich so reichen Bestandes geworfen und ausgewählte Teile im ursprünglichen liturgischen Kontext zum Klingen gebracht werden. Das Programm ist erwachsen aus einem Quellenseminar der Universität Freiburg unter der Leitung von Prof. Dr. Konrad Küster, in dessen Rahmen durch die Studierenden auch die Editionen erstellt wurden, aus denen nun musiziert werden sollte. Die angespannte Corona-Situation hat das Konzert leider unmöglich gemacht. Umso mehr freuen wir uns, dass wir dank der großzügigen Unterstützung durch den Verein Mitteldeutsche Barockmusik das Klangerlebnis trotzdem mit Ihnen teilen können: Lassen Sie sich in einen typischen Weihnachtsgottesdienst in einer sächsischen Gemeinde des 16. Jahrhunderts entführen! Das renommierte Ensemble The Renaissance Men unter Leitung von Manfred Cordes, das sich längst international als Spezialensemble für das Vokalrepertoire des 16. Jahrhunderts etabliert hat, wird dieser Tage das geplante Konzertprogramm für uns aufnehmen, die Proben sind in vollem Gange.

Am 25. Dezember können Sie das Ergebnis um 14:05 Uhr als Sendung im Deutschlandfunk Kultur bequem im heimischen Wohnzimmer genießen, im Nachgang wird die Aufnahme über die Digitale Mediathek der SLUB zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus können Sie auch digital in die Atmosphäre des Weihnachtsfestes um 1570 eintauchen. Die Handschriften, aus denen sich das Konzertprogramm speist, sind zum überwiegenden Teil bereits in den Digitalen Sammlungen der SLUB und auf sachsen.digital erleb- und erfahrbar: Das großformatige Chorbuch unter der Signatur Mus.Pi.Cod.II (entstanden um 1575) ebenso wie die kleinformatigeren Stimmbücher Mus.Gri.53 (entstanden um 1560/75) und Mus.I-E-24 (vermutlich aus der Zeit um 1570).

Gefährdete Quellen werden restauriert – Spenden willkommen

Einzig die Signatur Mus.Gri.53 ist derzeit noch nicht digital verfügbar. Der Zustand lässt eine Digitalisierung, aber auch die wissenschaftliche Nutzung nicht zu, musiziert wurde anhand eines Filmdigitalisats. Dieser Zustand ist für Quellen aus dem Depositalbestand leider nicht ungewöhnlich. Insbesondere die Folgen des Zweiten Weltkrieges zeigen sich in Schadensbildern wie Fragmentierung, Tintenfraß oder Schimmelbefall.

Doch Besserung ist in Sicht. Im Rahmen einer großangelegten, durch die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) finanzierten Studie wurden alle ca. 1.300 Bände des Bestandes von Restaurator:innen gesichtet und der Aufwand und Bedarf aus Bestandserhaltungssicht abgeschätzt. In der Folge soll nun gezielt die Restaurierung in Angriff genommen werden, wobei aufgrund der schieren Masse eine Fokussierung und Priorisierung notwendig ist. Die Auswahl und Reihenfolge der zu restaurierenden Objekte bestimmt sich demnach durch die Faktoren Seltenheit, Aufwand und wissenschaftlicher Nutzen. Und ein erster Schritt ist bereits gemacht: Als erstes Objekt konnten wir am 2. Dezember eben jene eben genannten unter Mus.Gri.53 gefassten fünf Stimmbände an den Restaurator übergeben – wir freuen uns demnach, auch diese Handschrift künftig nach Abschluss der Arbeiten für die Forschung wieder zur Verfügung stellen zu können! Weitere Schritte sind in Planung – sollten Sie uns dabei unterstützen wollen, können Sie dies gern im Rahmen einer Buchpatenschaft oder Spende tun.

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1 Kommentar(e)

  • Kenny
    28.03.2024 13:36
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