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Eine Marmorbüste kehrt nach 75 Jahren in die SLUB zurück
So verwundert es nicht, wenn man in Julius Petzoldts „Wegweiser“ zu den Dresdner Bibliotheken aus dem Jahr 1846 liest:
„Vor den Mittelfenstern der südlichen und nördlichen Wand [des ‚Saals der deutschen und französischen Geschichte‘, des größten, von 16 Marmorsäulen gestützten Raumes der Königlichen öffentlichen Bibliothek im Japanischen Palais] stehen die in carrarischem Marmor von David [i. e. Pierre Jean David d’Angers (1788-1856)] [1834 bzw. 1843] in Paris gearbeiteten kolossalen Büsten Tieck‘s und Göthe‘s. Eine dritte[,] von Hopfmann [i. e. Franz Ferdinand Hopfmann aus Greiz] [1837] gefertigte Marmorbüste, Abbild von Lindenau‘s in Lebensgrösse, steht vor der mit dem kursächsischen Wappen geschmückten Thüre, die in der Mitte der östlichen Seite des Saales zum geographischen Zimmer führt: die Büste gilt der Bibliothek als ein Zeichen der Erinnerung an ihren letzten mehrjährigen Chef.“
Der promovierte Jurist Bernhard von Lindenau (1779-1854) wirkte zunächst als Astronom und Politiker im Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg und wechselte 1827 in den königlich-sächsischen Staatsdienst. Im Lauf der Jahre 1829-1843 war er Direktor der Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Commerziendeputation, Mitglied des Geheimen Rates, Vorsitzender des Gesamtministeriums und Innenminister. Von Anfang an oblag ihm auch die Aufsicht über die Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, zu denen die Bibliothek in Dresden gehörte. Viele von ihm unterzeichnete Anordnungen und Bewilligungen an die amtierenden Oberbibliothekare bzw. deren Berichte und Anträge werden im Bibliotheksarchiv der SLUB aufbewahrt.
Die besagte Porträtbüste Lindenaus wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts zusammen mit den Kolossalbüsten Goethes und Tiecks sowie einer 1869 hinzugekommenen, ebenfalls von David geschaffenen Kolossalbüste des Arztes und Malers Carl Gustav Carus aus dem Säulensaal in das Haupttreppenhaus des Japanischen Palais versetzt. Ab 1935 waren die Kolossalbüsten im neu eingerichteten Buchmuseum im Erdgeschoss des Japanischen Palais zu sehen, während die Lindenau-Büste einen Platz im Zimmer des damaligen Direktors Martin Bollert (amt. 1920-1937) erhielt, der sich nicht weniger Verdienste um die Entwicklung der Bibliothek erworben hat. Die Skulpturen, die regelmäßig in Sammlungs- und Fremdenführern erwähnt wurden, überstanden die Zerstörung des Japanischen Palais 1945 und gelangten als Leihgaben in die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
Während sich die Kolossalbüsten seit den 50er Jahren bzw. seit 2004 wieder in der Bibliothek befinden, konnte nun nach 75 Jahren auch die in Vergessenheit geratene Lindenau-Büste zurückgeführt werden, nachdem sie in der Restaurierungswerkstatt der SKD gründlich gereinigt und ausgebessert wurde. Sie hat eine Höhe von 68 cm und zeigt den verdienten Staatsmann, Kunst- und Wissenschaftsfreund, der durch seine Sammlung frühitalienischer Tafelgemälde in dem nach ihm benannten Museum in Altenburg weltberühmt wurde, in schlichter klassizistischer Form mit unbekleidetem Brustausschnitt.
Die vier Marmorbildnisse stammen aus einer Zeit, in der die Bibliothek sich zunehmend für ein breiteres Publikum öffnete. Sie gehören als nichttextuelle Sammlungsgegenstände ebenso wie die in Öl gemalten Porträts ehemaliger Bibliotheksleiter zum Inventar der SLUB, deren Ursprünge nunmehr 465 Jahre zurückreichen. Wie bereits die Goethe-Büste vor dem Klemperer-Saal sollen perspektivisch auch die anderen Porträts wieder einen Platz im öffentlich zugänglichen Bereich der Zentralbibliothek erhalten.
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