Bevor am 12. März 2017 die Ausstellung "800 Jahre Kreuzchor? Fragen an die älteste Musikinstitution Dresdens" im Buchmuseum der SLUB endet, möchten wir zu einer Veranstaltung einladen, die den Kreuzorganisten Herbert Collum ins Zentrum rückt. Anhand von originalen Zeugnissen und Tonaufnahmen werden am kommenden Dienstag, den 7. März, um 19 Uhr Facetten seines vielseitigen Werkes vorgestellt und veranschaulicht, sein Sohn Christian wird persönliche Erinnerungen beitragen, durch die Kreuzchorausstellung wird um 20 Uhr ein letztes Mal geführt.
Herbert Collum ist vielen auch knapp 35 Jahre nach seinem Tod als Persönlichkeit, die das Dresdner Musikleben über fünf Jahrzehnte hinweg prägte, noch lebhaft im Gedächtnis. Gerade 20-jährig vom renommierten Leipziger kirchenmusikalischen Institut, das er als Schüler Karl Straubes, Günther Ramins, Kurt Thomas' und Johann Nepomuk Davids absolvierte, als Organist an die Dresdner Kreuzkirche verpflichtet, erwarb er sich bald einen Ruf als ausgezeichneter Orgelvirtuose. Schon 1935 rief er die Collum-Konzerte ins Leben, 1946 den Collum-Chor. So gestaltete er bald das Dresdner Konzertleben als Cembalist, Pianist und Dirigent gemeinsam mit Musikern der großen Dresdner Orchester aktiv mit.
Sein besonderes Augenmerk galt dabei den Kompositionen Johann Sebastian Bachs, die er nicht nur - beispielsweise in 24 Collum-Konzerten anlässlich von Bachs 200. Todestag 1950 - interpretierte, sondern deren Sprache auch sein eigenes kompositorisches Oeuvre beeinflusste. Collums Werk ist dabei von einem breiten Ausdrucksspektrum gekennzeichnet: lebensfrohe Spielstücke gehören ebenso dazu wie beispielsweise die erschütternde Vertonung des Totentanzes.
Die Fragen nach den verschiedenen gesellschaftlichen und persönlichen Umständen, die Collums Schaffen - als Dresdner Musiker, aber ebenso als Kreuzorganist und damit künstlerischer Mitarbeiter des Kreuzchorleiters Rudolf Mauersberger - bedingten, lassen sich so direkt in den Kontext der Suche nach den Stützen und Gefährdungen des Kreuzchores, denen wir in der Ausstellung zum Kreuzchorjubiläum während der letzten Monaten nachgegangen sind, einfügen.
Kürzlich konnte der Nachlass des Kreuzorganisten von der SLUB Dresden erworben werden. In immerhin 27 Umzugskisten befinden sich bisher kaum und gar nicht zugängliche Materialien, die Collums Position im Dresdner Musikleben kontextualisieren. Neben etlichen Autographen seines umfassenden kompositorischen Oeuvres sind über 250 Tonbänder, auf denen sein Wirken klanglich festgehalten ist, Teil des Nachlasses: Uraufführungen der eigenen Kompositionen, Orgelkonzerte und Mitschnitte von Aufführungen des von ihm gegründeten Collum-Chors. Von besonderem historischen Wert schließlich sind in den Unterlagen enthaltene private und dienstliche Korrespondenzen. Gerade sie bieten einen unmittelbaren Einblick in die Bedingungen des Dresdner Musiklebens während des Nationalsozialismus und der DDR. Eben diese Umstände gilt es nun - mit gewachsenem zeitlichen Abstand - auch anhand der Materialien aus Collums Nachlass kritisch aufzuarbeiten. Vor allem in der Nachbarschaft der Nachlässe des Kreuzkantors Rudolf Mauersberger (1889-1971), des Frauenkirchenorganisten Hanns Ander-Donath (1898-1964) und des Musikkritikers Karl Laux (1896-1978), die allesamt in der SLUB Dresden aufbewahrt werden, ergibt sich so ein mehrdimensionales Bild der jüngeren Vergangenheit.
Seien Sie eingeladen, am Dienstagabend in Herbert Collums Werk und Nachlass neue Aspekte der Dresdner Musikgeschichte zu entdecken.
Einladung zur Finissage der Ausstellung "800 Jahre Kreuzchor? Fragen an die älteste Musikinstitution Dresdens": Herbert Collum im Zentrum - 7. März 2017, 19 Uhr Vortragssaal, Zentralbibliothek
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