1913 in Dresden in eine Musikerfamilie hineingeboren, verlor Elfride Trötschel mit neun Jahren ihre Eltern. Nachdem sie in ihrer Pflegefamilie emotional stark vernachlässigt worden war, brachte ihr erst der Wechsel in eine andere Familie nach mehreren Jahren das Gefühl von Heimat und Sicherheit wieder. Sicherheit und Heimat fand sie auch im Ensemble des Dresdner Opernchores, wo sie nach einer Gesangsausbildung, u.a. durch Paul Schöffler, Bariton der Dresdner Staatsoper, 1931 als Mitglied aufgenommen wurde. Dort auch entdeckte Karl Böhm, Dirigent der Dresdner Oper, 1934 ihren lyrischen Sopran und engagierte sie als Solistin. Sofort schloss das Dresdner Publikum die Sängerin mit der "Träne in der Puccini-Stimme", wie Joseph Keilberth (Dirigent der Dresdner Oper 1945-1949) die ergreifende Wirkung Elfride Trötschels beschrieben haben soll, in sein Herz - und entließ sie eigentlich nie wieder. Auch, wenn sie 1948 ein Engagement Walter Felsensteins an die Komische Oper in Berlin annahm, auch, wenn sie eine international beachtete Karriere als Konzertsängerin mit Gastspielen in aller Welt gestaltete, auch, wenn sie sich Anfang der 1950er Jahre an die West-Berliner Städtische Oper verpflichtete – das Dresdner Publikum erkannte in Elfride Trötschel immer eine der ihren. Etwas lag in ihrer Stimme, das ihre Zeitgenossen zutiefst berührte: Reinhard Ulbricht, 1947-1995 Mitglied und Konzertmeister der Staatskapelle, erinnert sich dem Journalisten Steffen Lieberwirth gegenüber "wie die Trötschel reihenweise die Menschen beim Tod der Butterfly zum Weinen gebracht hat" und erzählt, wie selbst Kollegen im Orchester und auf der Bühne in ihren Bann gezogen wurden. Elfride Trötschels Fähigkeit, kraft ihrer Stimme gerade das Dresdner Publikum zu fesseln, wird dabei bis heute nicht nur lebhaft erinnert, sondern ist auch literarisch festgehalten worden - etwa, wenn mit den Aufnahmen der großen Dresdner Sänger wie Elfride Trötschel die realsozialistische Niederung in Uwe Tellkamps Turm-Welt vergessen werden konnte, aber auch, wenn Thomas Rosenlöcher seines Großvaters gedenkt, der - Straßenbahnschaffner - die Trötschel vom vierten Rang aus mit feuchten Augen anhimmelte.
Die existenziellen Erfahrungen werden es gewesen sein, die Verluste wie der Tod der Eltern, die Zerstörung der Oper, das Auseinanderfallen des Ensembles, die Niederschlag in Elfride Trötschels Interpretationen fanden – und die sie mit den Dresdnern der unmittelbaren Nachkriegszeit teilte.
Am 20. Juni 1958 ist Elfride Trötschel im Alter von nur 44 Jahren gestorben. Dass sie bis heute lebhaft erinnert wird, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die Wiederkehr ihres Todestages regelmäßig begangen wird – heute zum 60. Todestag beispielsweise mit einer Gedenkveranstaltung auf dem Cottaer Friedhof.
Bild 1: Porträt der Kammersängerin Elfride Trötschel in ihrer Wohnung (SLUB/Deutsche Fotothek)
Bild 2: Zar und Zimmermann / Elfride Trötschel (SLUB/Deutsche Fotothek)
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