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„Na, dann mach es doch einfach!“ – Das Projekt #TAGS im Museum beim Hackathon Coding da Vinci Ost³

Der Chemnitzer Software-Entwickler Steve Krämer ist das erste Mal bei einem Hackathon dabei. Im Rahmen von Coding da Vinci Ost³ entwickelt er mit seinem Projektteam eine Anwendung, die Menschen zur emotionalen Auseinandersetzung mit Tagebucheinträgen auffordert.

Steve Krämer an der Statue von Klaas Heufer-Umlauf in Berlin (kurz vorm Abbau)

„Ich arbeite schon lange im Tech Bereich, verdiene mein Geld mit Software-Entwicklung, hab aber noch nie an einem Hackathon teilgenommen. Ich fand das aber immer spannend, da hat meine Frau gesagt: Na, dann mach es doch einfach! Ich baue und starte supergerne neue Sachen und Projekte, versuche Prototypen zu bauen. Mein Interesse für Tech und Kultur miteinander verbinden und neue Kontakte knüpfen - das ist das Ziel.“

Beim Coding da Vinci Ost³ 2022 wird das digitale Kulturerbe neu gedacht. Kreative, Künstler:innen und IT-Affine tüfteln gemeinsam an Apps, VR/AR-Umsetzungen, interaktiven Installationen oder Datenvisualisierungen.

Institutionen stellen Datensets bereit

Die Basis für die kreativen Projekte sind Datensets, die von Museen, Bibliotheken, Archiven und wissenschaftlichen Sammlungen, aus deren digitalen Beständen unter offenen Lizenzen, zur Verfügung gestellt werden. Für die datengebenden Institutionen eine gute Gelegenheit, aktuelle Fragen an vertraute Objekte zu stellen, neue Zielgruppen und Interessierte kennenzulernen und Förder:innen für das digitale kulturelle Erbe zu gewinnen.

Das Team um Steve Krämer nutzt Daten des Naturkundemuseums Leipzig:
Ein Volltextdokument von Tagebüchern ehemaliger Museumsdirektoren des Naturkundemuseums, Scans im Original (in der altdeutschen Kurrentschrift) sowie eine Transkription der Bücher.

„Grundlage für unser Projekt sind Tagebücher von Museumsdirektoren aus den Jahren 1932 – 1946. Das ist interessantes und tiefgründiges Material.“

44 handschriftlich geführte Tagebücher haben die Museumsdirektoren des Naturkundemuseums Leipzig zwischen 1910 und 1946 verfasst. Jedes einzelne ist Zeuge seiner Zeit und der Geschichte des Naturkundemuseums. Auch die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte zwischen 1933 und 1945 sind mit Tagebüchern belegt.

Interesse für Tagebücher

„Ich habe mir alle Datensets im Vorfeld des Pitchings angeschaut, das Datenset vom Naturkundemuseum fand ich sehr interessant. Ich schreibe selber Kurzgeschichten und interessiere mich auch für Tagebücher, das hat halt einfach gepasst. Da hatte ich eine ganz grobe Vorstellung davon, was ich damit anfangen möchte. Während des Pitch-Wochenendes haben wir viel gesprochen und Ideen ausgetauscht, das Mentoring hat auf jeden Fall sehr geholfen! Die finale Idee stand dann erst vor zwei Wochen fest.“

#TAGS im Museum – die Projektidee

„Das Ziel des Projektes ist die Schaffung einer Installation, die durch die Manipulation der Besuchenden verändert werden kann. Das Konzept beruht auf der Emotion, die man gegenüber den Tagebucheinträgen hat, oder die man meint, in den Tagebucheinträgen zu finden. Deswegen ist der erste Schritt ein „Emotion Designer“, ein einfaches Grafik-Programm, in dem man Farben und bewegliche Layer wählt. Durch Licht, Farbe, Muster und Sound kann man eine Emotion „zusammenbauen“. Da geht es erstmal noch gar nicht um die Tagebücher an sich, sondern um das Assoziieren von Emotion mit Eigenschaften, wie z.B. Farbe.

Im zweiten Schritt können die Besucher:innen bestimmten Tagebucheinträgen bestimmte Emotionen zuordnen. Macht es mich traurig? Empfinde ich Freude? Ist es schockierend?

An der dritten Station sehe ich dann tatsächlich einen Bildschirm mit einem Tagebucheintrag und einer „fremden“ Emotion und werde dazu aufgefordert, den Text so einzusprechen, wie ich ihn empfinde. Und dann kommt Schritt vier – die Installation. Das wird zum Beispiel ein Raum sein, in dem man sich bewegen kann. Abhängig von der Position im Raum werden die erstellten Beiträge dann abgespielt. Im Raum sind also Emotionen verhaftet, die ich dann nochmal intensiv erleben kann.“

Etwas starten, dass sich am Ende für alle rentiert

„Ich arbeite auch ehrenamtlich in einem Verein, der Projekte zur Schulsozialarbeit durchführt. Was Gutes tun, in dem Fall für die Kinder. So ähnlich ist auch meine Motivation für die Teilnahme bei Coding da Vinci. Etwas starten, dass sich am Ende für alle rentiert.

Unser Team besteht aktuell aus den zwei Datengeberinnen vom Naturkundemuseum Leipzig, Software-Entwicklern, Sound- und Grafikdesigner:innen aus Chemnitz, Leipzig und Düsseldorf. Wir arbeiten fast ausschließlich über den Slack-Channel, da wir alle asynchron arbeiten. Wir haben wenig Zeit für Meetings. Jeder erledigt was, jeder macht, was er kann, und dann stimmen wir uns ab. Ich übernehme die Vermittlerrolle. Bis zur Präsentation gibt es noch eine ganze Menge zu tun, eigentlich die komplette Entwicklungsarbeit. Grafiken erstellen, Programmieren, testen. Und natürlich auch das Ganze so vorbereiten, dass es einfacher und verständlicher zu erklären ist.“

Am 30.04. wird Coding da Vinci Ost³ 2022 mit der großen Preisverleihung im Klemperer-Saal in der SLUB Dresden enden. Dabei werden die Teams die fertiggestellten Projekte präsentieren, Prototypen können direkt vor Ort ausprobiert werden. >> Dabei sein & Zugangsticket sichern <<

Auch wenn der Kultur-Hackathon als Event am 30.4. endet, bleiben die Datensets von Coding da Vinci Ost³ – Metadaten und digitalisierte Objekte wie Texte, Bilder und AV-Medien – unabhängig von eventuell entstandenen Anwendungen weiter verfügbar und nutzbar, bieten Einblicke in landeshistorische relevanten Themen und Fragestellungen. Mehr dazu auch auf Saxorum, Blog für interdisziplinäre Landeskunde in Sachsen.

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